Vielarbeiter fragen sich: Soll ich weniger Urlaub machen oder eine Zeitlang dort arbeiten, wo andere Urlaub machen.

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Jeder fünfte Beschäftigte in Österreich arbeitet bereits unterwegs. Das besagt eine Studie, die von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Internationalen Arbeitsorganisation durchgeführt wurde. Die Verbesserung der eigenen Lebensqualität haben dabei wohl jene mobilen Arbeiter im Blick, die sich für "Workation" interessieren. So nennt man den Trend, Arbeit ("work") und Urlaub ("vacation") an einem möglichst angenehmen Ort unter einen Hut zu bringen.

Testlauf in Thailand

Florian Wassel, Chef der Bregenzer Digitalagentur Towa, brachte der wiederholte Griff zum Laptop im Urlaub zum Nachdenken. "Ich hab mich gefragt, ob ich weniger Urlaub machen sollte oder eine Zeitlang dort arbeiten, wo es mehr Spaß macht." Er begann zu recherchieren, startete im Winter 2016 einen Testlauf. Fünf Mitarbeiter machten sich mit ihm auf den Weg nach Thailand. Die Formel "zwei plus eins" wurde geboren. Zwei Wochen Arbeit, eine Woche Urlaub. Diesen Winter waren es schon neun, die ihren Laptop im Kohub Coworking Space auf Koh Lanta aufklappten.

Die Arbeit unter Palmen sei klar strukturiert, sagt Wassel: "Ein normaler Alltag, nur woanders." Weg vom hektischen Agenturbetrieb habe man Zeit und Ruhe, Dinge zu erledigen, die sonst liegen bleiben. Die Zeitverschiebung bringe einen halben Tag für konzentrierte Arbeit ohne Unterbrechung aus dem Büro, beschreibt Teilnehmer Manuel Kuhn weitere Vorteile der Arbeit unter den Palmen. Zudem "entwickelt sich Teamgeist, weil man Dinge gemeinsam erlebt". Thailand habe man nicht nur wegen Palmen und Meer ausgesucht, sondern auch wegen der niedrigen Kosten, sagt Wassel.

Suchmaschinenoptimierung unter Surfern

Auch den Steirer Andreas Jaritz zog es an den Strand. Ab 2016 veranstaltete er gemeinsam mit Robert Lecker Workation-Aufenthalte in Portugal. In der Surfgemeinde Ericeira trafen unterschiedlichste Menschen aufeinander: Zwei wollten ein Printmagazin gründen, einer wollte die Suchmaschinenoptimierung bei seiner App weiterentwickeln, eine Dritte stieg gerade aus einem großen Konzern aus.

Digitale Nomaden seien das keine, "sondern Leute, die sich auf Austausch einlassen wollen und an einem neuen Netzwerk interessiert sind", meint Jaritz. Deswegen war er auch direkt in Kontakt mit Firmen – die Idee: Eine Woche in seinem Camp als Benefit für die Belegschaft anbieten. "In den USA ist das normal, bei uns aber schwierig. Da hatten Personalverantwortliche Sorgen über Neiddebatten und dass der Vorwurf aufkommt, man fahre nur in den Urlaub." Sein Workation-Projekt "Spaces" hat er deswegen vorerst auf Eis gelegt, sich aber bereits über Möglichkeiten in den österreichischen Alpen erkundigt.

Romane schreiben im Luxus-Chalet

Ebendort, genauer im Tannheimer Tal, hat Stephanie Swoboda diese Idee bereits umgesetzt. Die Juristin suchte nur einen ruhigen Arbeitsplatz in den Bergen – und ließ im Tiroler Dorf Schattwald gleich mehrere luxuriöse Chalets bauen. "Ich wollte bewusst kein Tagungshotel, weil Hütten eine viel lockerere Atmosphäre schaffen", sagt sie. Dennoch kommen die meisten Gäste nur für eine dreitägige Konferenz und reisen dann wieder ab.

Echte Workation-Kundschaft wie der Autor, der in einer Hütte über den Sommer seinen Roman fertigstellte, ist bisher noch selten. "Wer es erst einmal ausprobiert hat, sagt darüber: Die Ruhe kehrt im Moment des Ankommens ein – und dann kommt die Kreativität zurück." (Jutta Berger, Lara Hagen, 27.4.2018)