Der Strichcode macht's möglich. Produkte können mit ihm schneller kassiert und selbst eingescannt werden.

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Zum ersten Mal passierte es in Prag. Vor vielen Jahren. In einer Filiale der britischen Supermarktkette Tesco. Aufgeregt und neugierig nahm ich das ergonomisch gut geformte weiße Teil in meine Hände. Es fühlte sich gut an. Ich fühlte mich erhaben. Heroisch. Mit dem Scanner in der Hand griff ich nach meinen Produkten. Beim Scannen der Strichcodes machte es Piep. Und nochmals Piep. Ein Klang heller Freude. Ich war meine eigene Kassierin. Herrlich. Am Ende der Produkte zückte ich meine Bankomatkarte, zahlte und verließ euphorisch das Geschäft.

DER STANDARD hat in Wiener Supermärkten und einer Fastfood-Filiale nachgefragt, ob die Kunden Selbstbedienungskassen nutzen.
DER STANDARD

Schade, dass es das bei uns nicht gibt, dachte ich, als ich stolz aus dem Supermarkt schritt und mich wieder unter die Menschen auf dem Gehweg mischte.

Kindheitstraum

An diesem Tag ging auch ein kleiner Kindheitstraum in Erfüllung. Ich erinnere mich noch so gut daran, wie es mich als Kind begeistert hat, wenn die Kassierin im Supermarkt die Preise in ihre Registrierkasse tippte. Damals – als ich noch ein Kind war – gab es noch keine Kassen, die Strichcodes gescannt haben. Wie gern hätte ich auch mal in diese Kassa-Tasten getippt. Jetzt war das möglich. Zwar anders, aber dennoch konnte ich "mich selbst kassieren".

Jahre später dann ein Überraschungsmoment beim Ikea in Vösendorf. "Hey, es gibt hier Selbstscankassen", leitete ich meinen Mann und den Wagen selbstsicher zum Do-it-yourself-Express-Kassenbereich. Sein Widerstand war zwecklos. Schließlich habe ich Erfahrung im Self-Scanning. Let's go!

Ganz ohne Hilfe des dort stehenden Mitarbeiters ging es dann aber doch nicht. Warum? Daran kann ich mich eigentlich gar nicht mehr erinnern. Aber getaugt hat's mir. Sein eigener Herr sein, nicht nur beim nachfolgenden Aufbau der eben bezahlten Möbel – nein, auch schon beim Abkassieren. Wunderbar. Und Warteschlange gab es auch keine.

Doch warum steht da ein Mensch, frage ich mich? Ich kann mich nicht erinnern, bei Tesco in Prag einen gesehen zu haben. Okay, zum Fragen, wenn man in der Euphorie die eigentlich selbsterklärende Technik nicht gleich behirnt. Aber irgendwie kommt es mir vor, dass auch aufgepasst wird, ob man eh auch alles scannt, was im Wagen liegt. Und so ist es auch. Die Ikea-Mitarbeiter müssen bei der Expresskassa mitzählen, ob jeder seine sieben Produkte (mehr dürfen bei der Express-Kassa nicht kassiert werden) bezahlt. Eine Art Misstrauen steckt also im Akt des Selbermachens. Egal: Produkte gescannt, Einkauf bezahlt. Ich mag das.

Erfahrung folgt Neugier

Beziehungsweise mochte ich das. Heute weiß ich es besser. Denn die Neugier ist der Erfahrung entwachsen. Einschneidend war hier das Erlebnis an einer Merkur-Kasse vor einigen Monaten. Ich hatte es eilig an diesem Tag. Sehr eilig. Ich war schon sehr knapp dran und wollte dennoch pünktlich beim Kindergarten stehen. Ich wollte auch einen Snack für meine Tochter dabeihaben, und selber hatte ich auch schon Hunger und vor allem Durst. Also nix wie rein zu Merkur. Durch die Gänge gerast, gleich noch ein paar Sachen für das bevorstehende Wochenende geschnappt, und ab zur Kassa, mit prüfendem Blick nach der kürzesten Schlange. Und dann: ein Silberstreif am Horizont. Diese Filiale hat einen Selbstscannerbereich. Juhu! Ade Warteschlange. Scanner ich komme, mach Piep für mich.

Selbstsicher lege ich los. Doch beim Versuch, das gescannte Produkt gleich in meine Tasche zu packen, stand das System gleich still. Stress. Ich lerne: Jedes gescannte Produkt muss zuerst auf die nebenstehende Waage gelegt werden. So wird geprüft, ob das Gewicht zum kassierten Produkt passt. Wird das Produkt nicht hingelegt oder ein anderes vor dem Bezahlen weggenommen, heißt es: Nichts geht mehr. Ärgerlich. Denn rausnehmen, scannen, auf die Waage legen, zahlen und erst dann einpacken – das sind schon zwei Schritte mehr, als ich an der "echten" Kassa hätte tun müssen. Ich bin verärgert, weil mich das Kassieren nun mehr Zeit und Stress gekostet hat als gedacht.

Aber von einem verpatzten Erlebnis lasse ich mir den Spaß nicht verderben. Billa in der Wiener Innenstadt, ein paar Wochen später. Ein sonniger Morgen. Auf dem Weg zu einem Termin hole ich mir ein kleines Frühstück und eile zum Self-Check-out-Schalter. Eine Aufsichtsperson sehe ich hier nicht. Die anderen Kassen sind aber in der Nähe, somit sind Ansprechpersonen vorhanden. Auch beim Billa müssen die Produkte auf die Waage zur Kontrolle gelegt werden. Dort konnte ich aber die Option "Eigene Tasche verwenden" aussuchen und damit gleich einpacken. Sehr praktisch. Fast vergessen ist da mein Zaudern unlängst bei der Konkurrenz.

Versöhnung

Noch versöhnter macht mich ein Ausflug zum Campus der Wirtschaftsuniversität Wien. Im Spar dort wimmelt es um die Mittagszeit von hungrigen Studenten. Ich schnappe mir in der Selbstbedienungszone eine Semmel und ein Mohnstriezerl, stecke es in dasselbe Sackerl, und frag mich ehrlich gesagt schon, wie ich das an der Selbstscankasse lösen werde. Aber dazu später. Erst noch Obst und ein Getränk aussuchen.

Und dann ist alles easy. Kontrollwaagen gibt es nicht. Dafür eine Aufsichtsperson. Sie hilft mir letztlich auch, die Gebäckstücke einzugeben. Dafür muss ich "Produkt ohne Strichcode" aussuchen. Dann auf "Gebäck" tippen, wo ich jedes Semmerl, Weckerl oder Striezerl aussuchen kann. Jetzt noch die jeweilige Stückzahl eintippen. Fertig. Bezahlen und weg. Alles easy.

In Summe empfinde ich das Selbstabkassieren mittlerweile aber als aufwendig. Vor allem laut ist der Selbstscanner. Denn ja, diese Kassen reden mit mir. Einzelne Schritte wie "Drücken Sie Start" oder "Beenden Sie den Einkauf am Bezahlterminal" werden angesagt.

Herausforderung für den Kunden

Jetzt nehme ich die Herausforderung an: Mit meinem geballten Wissen trete ich erneut mit einem Wochenendeinkauf an die Merkur-Kassa. Heute kann mir hier nichts mehr passieren. Jetzt kenne ich mich wirklich aus. Selbstsicher wähle ich die Option "Eigene Einkaufstasche verwenden" aus und lege mein Stoffsackerl auf die Waage. Leider kann man das Sackerl im Gegensatz zur Billa-Kasse nicht einhängen, was das Einräumen erleichtern würde. Aber egal. Ich will scannen.

Doch was macht die Kassa? Nichts! Warum? Ich versteh das nicht! Die herbeieilende Helferin zieht ihre Karte über das Display und entsperrt die Kassa für mich. Sie will wieder gehen. Ich lasse sie aber nicht weg. Heute wird es hier ernst für mich und die Selbstscannerei. Warum mein Sackerl die Kassa blockiert, will ich wissen. Wahrscheinlich weil es schwerer ist als jedes, das ich bei Merkur hätte kaufen können. Aha.

Nun geht's wirklich los. Katzenfutter, zweimal dieselbe Sorte. Ich kann aber leider nicht wie die Kassierin eine Packung zweimal scannen, weil, erraten, ich muss ja jedes einzelne Produkt auf die Kontrollwaage legen. Weiter geht's. Piep. Piep. Jetzt das Sackerl mit drei unterschiedlichen Stück Gebäck. Aber auch das kein Problem für mich. Mit der richtigen Option am Display such ich das Semmerl. Aber jetzt? Muss ich die Semmel aus dem Sackerl nehmen und auf die Waage geben, um dann den Kornspitz nachzulegen? Ich zweifle. Die Assistentin spürt das. Schon steht sie wieder neben mir und tippt irgendwas ein.

Schneller, als ich es mir merken kann – und will gehen. Wieder lasse ich sie nicht weg. Weil wie gesagt – heute will ich es wissen. Ich frage sie, wie ich die drei Gebäckstücke jetzt selber hätte einscannen können. Sie: "Gar nicht!" Ich: "Wie? Was heißt gar nicht? Hätte ich jedes Gebäck in ein Extrasackerl geben müssen?" Sie: "Ja." – "Hallo Umwelt, hallo Nachhaltigkeitsbericht", denke ich und bin froh, dass ich fertig bin.

Ich zahle, gehe und bin frustriert. Das dauernde Scheitern nervt. Auch dass jedes System anders funktioniert. Zeit habe ich in meinem Selbstscanneralltag wohl auch nicht gespart.

Warten in der Schlange

Mittlerweile schätze ich kurze Wartezeiten in einer Schlange wieder. Ein paar Minuten Zeit. Zum Nachdenken. Zum Durchatmen. Außerdem mag ich es, wenn mein Gegenüber "Guten Tag" und "Auf Wiedersehen" zu mir sagt.

Doch vielleicht treibt mich meine Tochter wieder zur Selbstmacherabteilung. Denn kaum kommen wir im Supermarkt zur Kassa, schreit sie schon: "Mama, Schokoei!" Mit ihren 2,5 Jahren ist sie die perfekte Zielgruppe für die Versuchungen in der Quengelzone. Das stresst mich. Während ich Produkte aufs Förderband lege, muss ich ihre Hände ständig von kleinen Schokoladen oder Zuckerln fernhalten. Im Selbstscannerbereich gibt es diese Verlockungen (noch) nicht. Das könnte für mich das Comeback bedeuten. (Bettina Pfluger, 30.4.2018)