Griechenlands Finanzminister Euclid Tsakalotos (li. im Bild mit Mitgliedern seiner Delegation) überzeugte die Europartner.

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Als beim EU-Gipfel in Brüssel im März 2010 hinter verschlossenen Türen das ganze Ausmaß des wirtschaftlichen und budgetären Desasters in Griechenland sichtbar geworden war, hatten die Staats- und Regierungschefs leichte Panik. Sollte nicht blitzartig ein Rettungsprogramm gestartet werden, drohe die Gefahr von Bankenzusammenbrüchen – nicht nur in Athen, sondern in der gesamten Eurozone, warnte EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Es sei nicht auszuschließen, dass bereits Montagfrüh nach dem Gipfel ein Run auf Geldinstitute einsetze, weil Kunden Ersparnisse abheben wollten, so der Eurozentralbanker.

Es folgte ein erstes Programm an Hilfskrediten auf bilateraler Ebene. Binnen Wochen organisierten die Eurostaaten mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) 110 Milliarden Euro, um das zahlungsunfähige Land aufzufangen; um für Verbindlichkeiten der Regierung in Athen einzuspringen, den Geldfluss zu sichern, einen Zusammenbruch von Staat und Gesellschaft abzuwenden, alles unter harten Reformforderungen und Sparauflagen.

Das Ende naht

Acht Jahre später soll diese Phase nach bisher drei Programmen zu Ende gehen, soll der Durchgriff von EZB, EU-Kommission bzw. EU-Staaten und dem IWF auf Griechenland am 20. August zu Ende gehen. Diesen Termin nannte Währungskommissar Pierre Moscovici am Freitag bei einem informellen Treffen der EU-Finanzminister in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, das mit einem Meeting der Eurogruppe begann. Hauptthema: der definitive Abschluss des dritten Hilfsprogramms von Europartnern und IWF noch vor dem Sommer. Alle Teilnehmer seien "sehr ermutigt" gewesen vom Bericht des griechischen Kollegen Euclid Tsakalotos, sagte Eurogruppenchef Mario Centeno, insbesondere was Pläne zu mehr privaten Investitionen über 2018 hinaus betreffe. Zwar seien noch einige letzte Reformvorhaben in den nächsten zwei Wochen durch eine Kontrollgruppe abzuklären. Aber "alle" gingen davon aus, dass die Finanzminister am 21. Juni über den Ausstieg aus dem dritten Programm, das 2015 geschnürt worden war, entscheiden werden.

Letzte Tranche

Das hieße: Athen bekommt die letzte Kredittranche aus dem gemeinsamen Rettungsfonds (ESM) ausbezahlt. Ab August müsste sich die Regierung wieder selber mit frischem Geld auf den Kapitalmärkten finanzieren, so wie zuvor die anderen "Programmländer" Irland und Portugal. Technisch sei das kein Problem, sagte ESM-Chef Klaus Regling, "es gibt keine finanziellen Lücken zu füllen": Athen habe zuletzt einen beträchtlichen Budgetüberschuss erzielt, man könne eine offene Tranche von einer Mrd. Euro vom Frühjahr zum Aufbau von Puffern nutzen ein "voller Markteintritt" möglich.

Seit 2010 sind in drei Programmen 256 Milliarden Euro in Form von Krediten nach Griechenland geflossen: 53 Mrd. bilateral von den EU-Ländern, 170 Mrd. aus dem gemeinsamen ESM-Fonds, der Geld auf den Märkten holt, 32 Mrd. vom IWF. Ob der Währungsfonds an Bord bleibt, ist aber weiterhin offen, ebenso wie die Frage, ob die Gläubiger Athen weitere Schuldenerleichterungen in Form von Zinssenkungen gewähren. Auch darüber könnte im Juni entschieden werden. (Thomas Mayer aus Sofia, 28.4.2018)