Srebrenica-Gedenken in Potočari, nahe dem Genozid-Tatort. Das passive Verhalten beim Massenmord 1995 gilt als ein Tiefpunkt der UN-Blauhelm-Missionen.

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Im Bestreben, sich als demokratischer, zuverlässiger Partner der internationalen Gemeinschaft zu etablieren, entsendet Österreich im Dezember 1960 erstmals Uno-Soldaten ins Ausland. Doch die Mission im zentralafrikanischen Kongo droht nur einen Tag nach der Ankunft der 49 Sanitäter zu scheitern: Die Österreicher werden mit den verhassten Belgiern verwechselt und als Geiseln genommen. Erst nigerianische Uno-Truppen können sie befreien. Das österreichische Feldlazarett geht verloren, das Kontingent bleibt dennoch. Österreichs Mission endet 1963, zuständig ist man primär für die Gesundheitsversorgung der Zivilbevölkerung.

Innenpolitisch ist die Kongo-Mission – übrigens die erste, bei der die Uno-Soldaten ihre blauen Helme tragen – höchst umstritten: Während Außenminister Bruno Kreisky (SPÖ) Österreich international verankern will, hat Verteidigungsminister Ferdinand Graf (ÖVP) Verfassungsbedenken. Aus dem Streit resultiert die Festlegung, dass österreichische Soldaten nur auf freiwilliger Basis an Uno-Missionen teilnehmen.

Warnungen, aber kein Eingreifen

1988 wurden die Blauhelme mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, doch nicht selten sorgen sie für negative Schlagzeilen – so etwa 1994 in Ruanda, wo die Truppe weitgehend tatenlos bleibt und Zeuge eines besonders brutalen Völkermordes wird.

Obwohl der Blauhelm-Kommandant die Uno-Zentrale frühzeitig vor einer Welle der Gewalt in dem ostafrikanischen Land warnt, erhält er mehrfach den Befehl, Ruhe zu bewahren und Neutralität zu üben. Im April und Mai werden hunderttausende Menschen ermordet, die Uno zieht ihre Soldaten fast komplett ab. Wenige Wochen später fasst der Uno-Sicherheitsrat zwar den Beschluss, die Mission doch wieder auf 5.500 Soldaten aufzustocken – allerdings bleibt es bei der Papierform: Kein einziges Ratsmitglied ist bereit, Truppen zu entsenden.

Kampflose Übergabe der Schutzzone

Erst als Tutsi-dominierte Rebellengruppen die Oberhand gewinnen, stellt Frankreich 2.500 Soldaten zur Verfügung, um eine "Schutzzone" für Hutus zu errichten – auch für die Völkermordmilizen. Viel zu spät, denn mittlerweile sind rund 800.000 Menschen ermordet worden.

Nur wenige Monate später, im Bosnienkrieg, überrennen serbische Einheiten im Juli 1995 die Uno-Schutzzone Srebrenica. Die unzureichend vorbereiteten und miserabel ausgerüsteten niederländischen Blauhelme übergeben die Enklave kampflos den Serben, die in der Folge rund 8.000 bosnische Männer und Buben ermorden.

Srebrenica gilt als erster Genozid auf europäischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Juni 2017 macht ein Zivilgericht in Den Haag den niederländischen Staat für den Tod von rund 350 Muslimen mitverantwortlich: Die Uno-Truppe Dutchbat hätte diese Flüchtlinge besser schützen müssen, daher sei der Staat als Entsender der Soldaten zum Teil haftbar. (Gianluca Wallisch, 29.4.2018)