Es ist eine langsame Entwicklung. Menschen, die unter Allergien leiden, haben plötzlich nicht nur mehr Schnupfen und Augentränen, sondern auch anfallsartige Luftnot. Etagenwechsel nennen Mediziner das Phänomen, wenn die Allergie plötzlich auch die Lungen angreift.

Derzeit sind nach Schätzungen der WHO weltweit etwa 315 Millionen Menschen von Asthma betroffen. Die Häufigkeit von Asthma ist in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich: von 1,8 Prozent in Vietnam bis zu 33 Prozent in Australien. Asthma bronchiale tritt in Österreich – wie in allen Industrieländern – bei zunehmend mehr Menschen auf. In Österreich leiden, so wie in Deutschland, rund 5,8 Prozent der Bevölkerung an Asthma; rund zehn Prozent der Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen. Ungefähr fünf Prozent aller Asthmatiker in Österreich leiden unter schwerem Asthma.

Von Kindheit an

Der bedeutendste Risikofaktor für Asthma bronchiale sind Allergien: "Wie Auswertungen einer großen Lungengesundheitsstudie, der LEAD-Studie mit 11.000 Personen zeigen, haben 37 Prozent aller Untersuchten in Österreich eine Allergie; dies bedeutet eine Zunahme von 13 Prozent seit dem Jahr 2012", so Peter Schenk, Vorstand der Abteilung für Pulmologie am Landesklinikum Hochegg und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP).

Die Ursachen: Mediziner vermuten, dass die Anlage für Asthma bereits im Mutterleib gelegt wird, auch ein geringes Lungenvolumen bei der Geburt scheint die Voraussetzungen für späteres Asthma zu begünstigen. Einer anderen Theorie zufolge könnte auch eine Kaiserschnittgeburt zu Asthma beitragen, weil ihre Darmbakterien (Mikrobiom) anders zusammengesetzt ist als bei Kindern, die auf natürlichem Weg auf die Welt kommen. Auch ein geringes Lungenvolumen bei der Geburt begünstigt die Entwicklung von Asthma.

Kommen zum Risikofaktor Allergie noch andere Risikofaktoren, wie Aktiv- & Passivrauchen und/oder Umweltgifte, dazu, dann addiert und potenziert sich sogar das Risiko für die Entwicklung einer obstruktiven Lungenkrankheit.

Pflanzen bilden mehr Allergene

Eine ganz wesentliche Rolle für das Entstehen einer Asthma-Erkrankung spielen Umweltgifte. Diese belasten jedoch nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern bedeuten auch Stress für Pflanzen. Und diese reagieren darauf mit einer vermehrten Produktion von Pollen und mehr Allergenen darin. Bei vielen Allergenen handelt es sich nämlich um "Verteidigungsproteine" der Pflanzen, die bei Bedrohung als Schutz vermehrt produziert werden.

Außerdem verbinden sich Dieselabgase mit Pollen und bilden dann ein Konglomerat, das stark allergisch wirkt. Schenk: "So entsteht ein gefährlicher Cocktail und stark befahrene Straßen führen zu einer zweiseitigen Umweltproblematik: die direkte schädliche Wirkung der Abgase und Schadstoffe auf den Menschen und auf dem Umweg über die Pflanzen."

Was Pulmologe Schenk noch sagt: : "Übertriebene Hygiene schadet! Unsere Hautoberfläche wird nämlich durch einen Säureschutzmantel geschützt. Wer diesem zu oft mit Wasser und Seife zu Leibe rückt, zerstört diesen natürlichen Schutz. Weiters führt der vermehrte Einsatz von Waschmitteln ebenfalls dazu, dass unsere Hautbarriere durchlässig wird: Die in Waschmitteln enthaltenen Enzyme werden nicht zur Gänze ausgewaschen, Reste davon verbleiben in der Kleidung und schädigen die Hautbarriere."

Apropos Hygiene: Er zitiert Untersuchungen, wonach Kinder, die am Land aufwachsen, weniger häufig an Asthma leiden als Stadtkinder. Urlaube am Bauernhof wären deshalb ideal, sich langfristig vor Asthma zu schützen. "Daher ist, so paradox es klingen mag, jeder Aufenthalt in einem Kuhstall – schon in der Schwangerschaft und dann mit kleinen Kindern aktive Gesundheitsvorsorge", betont Schenk. (red, 1.5.2018)