Die rund 11.500 Jahre alte Holzskulptur aus dem Shigir-Moor befindet sich im Museum Jekaterinburg.

Foto: Antiquity/M. Zhilin et al.

Detailaufnahmen von Kopf und verzierten Teilen der Figur, die von ritueller Bedeutung gewesen sein dürfte.

Foto: Antiquity/M. Zhilin et al.

Göttingen – Als russische Goldschürfer im Jahr 1894 nördlich von Jekaterinburg im sogenannten Schigir-Moor auf eine riesige Holzskulptur stießen, war schnell klar, dass es sich um einen bedeutenden Fund handelte. Das genaue Alter des Artefakts war jedoch lange unklar. Nun hat ein deutsch-russisches Forscherteam eine systematische Radiokarbondatierung des Fundes vorgenommen. Wie die Wissenschafter im Fachblatt "Antiquity" berichten, ist die Figur mit einem Alter von rund 11.500 Jahren nicht nur deutlich älter als erwartet, sie ist gar die älteste bekannte Holzskulptur der Welt.

Die aus einem Lärchenstamm gefertigte Figur ist heute noch rund 3,80 Meter groß: Auf ihrem mit Ornamenten und anthropomorphen Gesichtern verzierten Körper sitzt ein großer runder Kopf mit geschnitztem Gesicht. Die Forscher konnten nun zeigen, dass das Holz in frischem Zustand mit Steinwerkzeugen bearbeitet wurde. Die Figur stand allem Anschein nach längere Zeit aufrecht und diente vermutlich als ritueller Pfahl, so die Wissenschafter.

Monumentales Kunstwerk

Aus Europa seien aus dieser Zeit vor allem geometrisch verzierte Objekte aus Knochen und Geweih bekannt, nur selten wurden Menschen als kleine Strichmännchen abgebildet, sagte Studienleiter Thomas Terberger von der Universität Göttingen. "Die Schigir-Figur zeigt mit ihrer monumentalen Erscheinung eine bislang unbekannte Seite der Kunst der ersten nacheiszeitlichen Jäger- und Sammler-Gesellschaften."

"Zugleich verdeutliche das Artefakt, wie sich die Höhlenmalereien der Eiszeit in der Nacheiszeit weiterentwickelten und neue Formen annahmen. Bislang galten die etwa 11.000 Jahre alten Steinstelen von Göbekli Tepe im Südosten der Türkei als einzige monumentale Zeugnisse dieser Zeit. "Die Figur aus dem Schigir-Moor zeigt, dass unabhängig davon im Ural ähnlich komplexe Objekte gefertigt wurden", so Terberger. "Die Jäger-Sammler-Gemeinschaften der beginnenden Nacheiszeit erscheinen damit in einem völlig neuen Licht." (red, 1.5.2018)