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Michelle Wolf machte beim White House Correspondents' Dinner viele Witze auf Kosten von US-Regierungsmitgliedern.

Foto: REUTERS/Aaron P. Bernstein

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Sarah Huckabee Sanders saß in unmittelbarer Nähe von Michelle Wolf während ihres Auftritts.

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Washington – Es ist ein jährlicher Fixpunkt für renommierte Journalisten und Politiker in den USA: das White House Correspondents' Dinner in Washington, das alljährliche Festbankett des Pressekorps, bei dem nicht immer festliche, sondern auch angriffige Reden gehalten werden. Traditionell als Ehrengast dabei war zuvor immer der amtierende US-Präsident, doch Donald Trump boykottierte die Veranstaltung das zweite Mal in Folge. Dieses Jahr ging er noch weiter und bezeichnete es als "totales Desaster" und "Peinlichkeit für unser großartiges Land". Auch von liberaler Seite hagelte es diesmal heftige Kritik.

Was war geschehen? Komikerin Michelle Wolf, bekannt etwa für Auftritte bei der "Daily Show", hatte durchaus angriffig und teilweise auf derbe Art und Weise in ihrem Monolog in viele Richtungen ausgeteilt. Republikaner, Demokraten, konservative wie liberale Medien standen auf ihrer Abschussliste. Die aktuelle Regierung war aber – wie meistens beim Korrespondentendinner – ein besonders häufiges Ziel. Ihren Auftritt leitete Wolf mit den Worten "Bringen wir es hinter uns" ein – wie "eine Pornodarstellerin, bevor sie mit Trump ins Bett geht".

Trump sei ein Rassist, der "weiße Nationalisten" ("white nationalists") liebe. Für Wolf ist das seltsamer Ausdruck für "Nazis": "Einen Nazi 'weißen Nationalisten' zu nennen ist wie einen Pädophilen 'Kinderfreund' zu nennen. Oder Harvey Weinstein einen 'Frauenheld'". Trump habe "eine Menge Ideen", er wolle zum Beispiel Lehrern das Tragen von Waffen erlauben. Das befürwortet Wolf. Die Lehrer könnten die Waffen anschließend verkaufen und damit Dinge finanzieren, die sie wirklich brauchen.

Michelle Wolfs kompletter Auftritt vom White House Correspondents' Dinner am Samstag. Ab Minute 7:00 geht es um "weiße Nationalisten", ab Minute 11:00 um Kellyanne Conway, ab Minute 13:20 um Sarah Huckabee Sanders.
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Sie hätte viele Witze über Kabinettsmitglieder vorbereitet gehabt, die sie "streichen musste, weil alle gefeuert wurden". Die Regierung sei damit schneller, als "Starbucks Schwarze rausschmeißen kann".

"Es ist 2018, und ich bin eine Frau, ihr könnt mir also nicht den Mund verbieten", sagte Wolf, fügte aber mit Verweis auf Trumps Anwalt und dessen mutmaßliches Schweigegeld für die Pornodarstellerin Stormy Daniels hinzu: "Außer Michael Cohen überweist mir 130.000 Dollar." Mit dem Hinweis, man finde sie auf der Bezahl-App Venmo unter ihrem Pornostar-Namen "Reince Priebus", lieferte sie den nächsten Seitenhieb, diesmal auf den ehemaligen republikanischen Stabschef im Weißen Haus.

Ivanka Trump verglich sie mit einem Windeleimer: Beide hätten eine glänzende Oberfläche, seien aber voller Fäkalien. Eigentlich hätte sie "für Frauenrechte eintreten" sollen, sei aber für Frauen so nützlich wie "eine leere Packung Tampons". Sie habe "nichts getan, um Frauen zu befriedigen – wie der Vater, so die Tochter", legte Wolf nach. Die Komikerin fragte sich auf der Bühne außerdem, wie man die "immer nur lügende" Präsidentenberaterin Kellyanne Conway unter einen fallenden Baum im Wald bekommen könnte – dabei solle sie "sich nicht verletzen, nur feststecken".

Sanders im Visier

Worüber sich Kritiker aber besonders echauffierten, waren die Witze auf Kosten von Trumps Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders, die sie etwa mit der angsteinflößenden Aunt Lydia aus der Serie "A Handmaids Tale" verglich. Sie stehe für weiße Frauen, die andere weiße Frauen enttäuschen. "Sie verbrennt Fakten und kreiert aus der Asche das perfekte Smokey Eye", konstatierte Wolf.

CNN-Redakteur Chris Cillizza bezeichnete die Kommentare über Sanders' Make-up als "Schikane". Maggie Haberman von der "New York Times" – die Zeitung boykottiert das Dinner seit 2007 – äußerte sich "beeindruckt" davon, dass Sanders angesichts der "intensiven Kritik an ihrem Aussehen" nicht den Saal verlassen habe.

Mika Brzezinski von MSNBC sah in den Worten Wolfs eine "Erniedrigung" der "Ehefrau und Mutter" aufgrund ihres Aussehens. "Alle Frauen müssen sich vereinen, wenn solche Angriffe passieren, und das WHCA schuldet Sarah eine Entschuldigung". Wolf beklagte auf Twitter, bei ihren Witzen sei es nicht um einen Angriff auf Sanders' Aussehen gegangen.

Die White House Correspondents' Association (WHCA), die die Veranstaltung organisiert, entschuldigte sich zwar nicht, veröffentlichte aber eine Erklärung. Comedy müsse Gedanken und Debatten provozieren, das habe Wolf "sicherlich getan", hieß es von der Präsidentin der Vereinigung, Margaret Talev. Mit Blick auf die Mission der Gruppe sei ihr Auftritt aber "nicht in Ordnung gewesen". Das Programm sei als einende Botschaft gedacht gewesen, als Engagement für eine freie Presse, es habe die Menschen nicht polarisieren sollen. "Unglücklicherweise war der Monolog der Entertainerin nicht im Geiste dieser Mission."

Unterstützung für Wolf

Andere Komiker und Journalisten verteidigten Wolf. Der Schauspieler Kumail Nanjiani beklagte etwa, Haberman habe ihm die konkrete Stelle eines Angriffs auf Sanders' Aussehen nicht genannt.

Emily Nussbaum vom "New Yorker" erklärte auf Twitter, Wolf haben eben Witze über Sanders gemacht, "OHNE das Äußere einer Frau zu beleidigen".

Wolf hatte beim Dinner auch die liberalen Medien scharf kritisiert. "Was niemand in diesem Raum zugeben möchte, ist, dass Trump euch allen geholfen hat", sagte Wolf. "Er hat euch geholfen, eure Zeitungen und Bücher zu verkaufen. Ihr habt dieses Monster erschaffen, und jetzt profitiert ihr davon." Wolf beendete ihren Auftritt mit den Worten: "In Flint gibt es immer noch kein sauberes Wasser." (Noura Maan, 30.4.2018)