Die Plains in Midwest, die Ruinen von Machu Picchu und die Klarheit der Antarktis: Sie hießen mich willkommen. Ich verlor mich in den Knospen der blühenden Atacama-Wüste. Ein langer, trockener Kampf um das Überleben, der nach Jahren gewonnen wurde und dessen Regenbogenpracht ein wohliges Willkommen für jeden gibt. Die Vulkane der Anden waren meine Heimat. Schlummernde Spitzen versuchten furchteinflößend zu wirken, bis sie auf ihre eigene Art ein wärmendes Willkommen gaben. Ich fand ein Zuhause im Lächeln der Menschen, in der Bemühtheit des Tankwartes. Ich saß inmitten einer chilenischen Familie am Mittagstisch. Küsse und Umarmungen blieben nicht aus. Sie stellten keine Fragen, sie hatten keine Angst. Ich war willkommen wie jedes andere mehrjährige Mitglied des Familienbandes.

Leben, Freude, Glück

Das Fremde empfing mich mit offenen Armen, mit einem Lächeln, einem Handschlag, einem Übernachtungsplatz, einer offenen Tür. Die Offensichtlichkeit meiner ausländischen Herkunft war nicht wegzudenken. Zu oft vergaß ich darauf und fühlte mich zu Hause, willkommen, akzeptiert – an Plätzen, an denen ich noch niemals zuvor war und an die ich nie wieder zurückkehren werde. Elf Monate trieben mich durch das Inka-Reich in Peru, die Gelassenheit Boliviens, die Weiten der Gauchos Argentiniens, die Mythen der chilenischen Osterinsel und die Sommerresidenz der Riesen der Meere. Ich lebte an Orten, an denen wenige vieles haben und viele wenig – und die meisten weniger als ich.

Nichtsdestotrotz achtet man aufeinander. Das Sprichwort "Jeder ist sich selbst der Nächste" scheint unbekannt. Eine verlassene Straße mit einem Autostopper: Man stoppt. Eine Person, die um Hilfe fragt: Man hilft. Ein sonniger Tag: Man lächelt. Eine gefährliche Situation: Man verschont die Unwissenden. Leben, Freude, Glück stehen auf den Werbeplakaten, und dennoch existieren dunkle Ecken und Enden, die jedoch nicht an der Unschuldsvermutung des Fremden rütteln.

Der Lauca-Nationalpark im Norden Chiles mit seinen schlummernden Vulkanen.
Foto: Beatrix Walzl
Ganz abseits der bekannten Wege im bolivianischen Hinterland.
Foto: Beatrix Walzl
Die Ruinen von Machu Picchu am Morgen.
Foto: Beatrix Walzl
Die Blüten der Atacama-Wüste.
Foto: Beatrix Walzl
Ein Eisschauspiel in der Antarktis.
Foto: Beatrix Walzl

Ignoranz und Suderei

Der Kulturschock traf mich bei der Rückreise in das Altbekannte. Der Heimflug verursachte ein Gefühl der Traurigkeit. In ein Land zurückzufliegen, das eine der besten Lebensqualitäten des Planeten hat, und dennoch lauten die Lebensgrundlagen: Ignoranz, Suderei und jeder ist sich selbst der Nächste. Ich werde angerempelt, ignoriert, angeschrien, bekomme dunkle Blicke zugeworfen, und dennoch bin ich sogar von hier. Es scheint, als hätte die Evolution die Lachmuskeln innerhalb der österreichischen Grenzen nicht mehr für notwendig befunden. Ignoranz und Unzufriedenheit empfingen mich mit offenen Armen. Willkommen zu Hause! Wann werden Menschlichkeit und Freundlichkeit wieder über unsere Grenzen finden? In dieser Sache ist sich jeder selbst der Nächste. (Beatrix Walzl, 10.7.2018)