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Nikol Pashinjan, einziger Kandidat für die Wahl des neuen Regierungschefs, versprach eine Vertiefung der Beziehungen zur EU und bezeichnete Russlands als strategischen Verbündeten.

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Seit Mitte April gingen in Armenien zahlreiche Menschen gegen Serge Sargsjan auf die Straße.

Foto: reuters/gleb garanich

Eriwan – Im Parlament in Eriwan hat am Dienstag um 12 Uhr Ortszeit (10 Uhr MESZ) wie geplant die Debatte über die Wahl eines neuen Regierungschefs begonnen. Einziger Kandidat ist der 42-jährige Oppositionspolitiker Nikol Pashinjan, langjähriger Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Haykakan Zhamanak". Die einzige Kandidatur eines Vertreters der parlamentarischen Minderheit für das Amt des Premiers sei eine nie dagewesene Situation, erklärte der Parlamentspräsident bei der Eröffnung der Debatte.

Pashinjan verfolgte den Beginn der Debatte sichtlich nervös von seinem Abgeordnetensessel aus. Statt Baseballmütze und Militärkleidung trug er dieses Mal einen Anzug mit dunkler Krawatte. Der Regimegegner hatte Mitte April eine Protestbewegung gegen den neuen armenischen Premier und vormaligen, zwei Amtszeiten regierenden Staatspräsidenten Serge Sargsjan gestartet. Sargsjan gab sich am 23. April geschlagen und trat zurück.

"Dient dem Volk!"

Mit steinerner Miene verfolgten die Abgeordneten der seit 20 Jahren regierenden Republikanischen Partei Armeniens (HHK) die Rede Pashinjans im Parlamentsplenum. Pashinjan versprach eine Vertiefung der Beziehungen zur EU und bezeichnete Russlands als strategischen Verbündeten. Die Protestbewegung stelle keine Gefahr für die armenisch-russischen Beziehungen dar, versicherte Pashinjan. Die Republikaner forderte er auf, für den Kandidaten des Volks zustimmen. "Tut euren Schritt. Dient dem Volk!", sagte Pashinjan in seiner halbstündigen, ruhig vorgetragenen Rede. Diese wurde direkt am Platz der Republik in Eriwan übertragen, wo sich Zehntausende Anhänger Pashinjans versammelt hatten.

Nach seiner Rede stellte sich Pashinjan Fragen der Abgeordneten. Als wichtigstes unmittelbares Ziel nannte der Protestführer die Wiederherstellung einer unabhängigen nationalen Wahlbehörde.

Republikaner wollen kooperieren

Der Fraktionschef der Republikaner, Eduard Sharmasanow, hatte im Vorfeld erklärt, seine Partei werde sich einer Wahl Pashinjans nicht in den Weg stellen, sollten die anderen Parlamentsfraktionen für ihn stimmen. Pashinjan wurde von seinem eigenen Bürgerrechtsbündnis Yelq nominiert, das neun Sitze im Parlament hat. Er soll auch alle 31 Stimmen der größten Oppositionspartei Wohlhabendes Armenien des Milliardärs Gagik Tsarukian sowie die sieben Stimmen der Nationalistenpartei Dashnaktsutjun (ARF) erhalten. Pashinjan bräuchte dann immer noch mindestens sechs Stimmen der Republikaner für eine Mehrheit.

Das armenische Parlament war nach einem 2015 angenommenen Verfassungsreferendum verkleinert worden. Mit dem Wechsel von einem Präsidial- zu einem parlamentarischen System wollte sich der frühere Präsident Sargsjan (2008-2018) eine "dritte" Amtszeit als Premier sichern. Sollte Pashinjans Wahl gelingen, wird die Oppositionsbewegung auf Neuwahlen drängen. (Markus Bernath 1.5.2018)