Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat erst kürzlich in Peking bei ICBC-Chef Yi Huiman für den Standort Wien geworben.

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Wien – Die Vorbereitungen zur Landung der größten Bank der Welt, der Industrial and Commercial Bank of China Limited (ICBC), in Wien sind in vollem Gange. Das Verfahren für die Konzessionserteilung für die Mittel- und Osteuropa-Zentrale der Chinesen mit hunderten Mitarbeitern läuft seit einem Jahr, zuständig sind dafür die österreichische Aufsichtsbehörde FMA und die Europäische Zentralbank (EZB).

Allerdings hat es zunächst Auffassungsunterschiede bezüglich der Eigenkapitalausstattung der ICBC gegeben – dafür dürfte aber nun eine Lösung gefunden sein. Die Oesterreichische Nationalbank ist in ihrem Gutachten, das sie bei Konzessionserteilungen zu erstellen hat, zum Schluss gekommen, dass die Chinesen 170 Millionen Euro an Grundkapital für ihr Institut in Wien aufstellen müssen. Die ICBC allerdings vertritt die Ansicht, dass für ihr Geschäftsmodell 100 Millionen Euro reichen.

Prozentuelle statt absolute Mindestkapitalvorgabe

Sie haben zwar grundsätzlich nichts gegen den dickeren Kapitalpolster, ihre internen Prozesse dauern aber länger, argumentierten sie. Nach längeren Diskussionen wurde nun gemäß Informationen des STANDARD folgender Kompromiss gefunden: Der ICBC soll keine Mindestkapitalvorgabe in absoluten Zahlen gemacht werden, sondern eine prozentuelle. Konkret soll der ICBC eine Eigenkapitalquote von 17 Prozent (hartes Kernkapital, Common Equity Tier One) vorgeschrieben werden, beim Start müssen es aber mindestens 100 Millionen Euro sein. Die 17 Prozent sind zwar eine weit über dem Schnitt liegende relative Vorgabe, den Chinesen böten sie aber den Vorteil, dass sie in der Anfangsphase ihres Österreich-Geschäfts bei den von ihnen budgetierten 100 Millionen lägen und dann sukzessive nachschießen können – je nach Entwicklung der Geschäfte. Mit dieser Lösung könnten alle Seiten leben, sagen Wohlinformierte, auch die EZB.

Skepsis wegen Datenspeicherung

Schwieriger könnte es beim Thema Datensicherheit werden. Die Chinesen wollen ihre gesamten Daten in China speichern – und das sollen die Aufseher in Frankfurt skeptisch sehen. Sie fordern, dass die ICBC ihren Server in der EU beheimatet. Anderenfalls könnte man bei Ermittlungen – beispielsweise wegen Geldwäscheverdachts oder Klumpenrisikos von Großkunden – nicht auf die notwendigen Daten zurückgreifen, heißt es in EZB-Kreisen.

Trotzdem wird mit einer raschen Entscheidung für die Konzession gerechnet. Es gebe von allen Seiten "ziemlichen Druck", das Verfahren zu einem Ende zu bringen. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat bei seinem China-Besuch ICBC-Chef Yi Huiman getroffen und anschließend gemeint, "ich glaube, es wird gelingen". Die ICBC könnte im Falle größerer Schwierigkeiten auch von Budapest aus operieren, wo die Auflagen als Nichteuroland geringer sind.

Finanzierung von Investitionsvorhaben

Via Wien will die ICBC chinesische Kunden nach Europa begleiten und die Finanzierung großer Investitionsvorhaben unterstützen. Konkurrenten sehen den politischen Einsatz der Regierung für das Institut kritisch, werde das Institut doch auch herkömmliches Kreditgeschäft durchführen. Österreichische Banken fürchten die ICBC, deren Bilanzsumme von 3,5 Billionen Dollar ein Vielfaches des gesamten heimischen Geldsektors ausmacht. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 2.5.2018)