Genf – Die Kluft zwischen Arm und Reich nimmt global zu. Das betrifft auch die Luft zum Atmen: Laut aktuellen Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jedes Jahr sieben Millionen Menschen an den Folgen von eingeatmeten Schadstoffen. "Luftverschmutzung bedroht uns alle, aber die ärmsten und am stärksten marginalisierten Menschen tragen die Hauptlast", sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus dem Guardian.

Denn mehr als 90 Prozent der durch Luftverschmutzung bedingten Todesfälle ereignen sich in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, hauptsächlich in Asien und Afrika, gefolgt von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen im östlichen Mittelmeerraum, Europa und Amerika. Schadstoffe von Autos, Fabriken oder Holzverbrennung verursachen ein Viertel der tödlichen Herzinfarkte und Schlaganfälle, 29 Prozent der Todesfälle durch Lungenkrebs und 43 Prozent der Todesfälle durch Lungenerkrankung. Trotz steigenden Problembewusstseins und der Versprechen der Regierungen, Maßnahmen zu setzen, blieb die Todesrate im Vergleich zu dem Bericht von 2016 unverändert, stellen die Studienautoren fest.

Beitrag aus der "ZiB" um 6 Uhr.
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Bessere Einkommen, bessere Luft

Das Ausmaß der Kontamination steht jedoch auch stark in Zusammenhang damit, welche finanziellen Ressourcen vorhanden sind. Zum ersten Mal umfasste der Bericht, der als umfassendste Sammlung globaler Luftqualitätsdaten gilt, auch regionale historische Daten. Daraus geht hervor, dass mehr als 57 Prozent der Städte in Amerika und mehr als 61 Prozent der Städte in Europa zwischen 2010 und 2016 große Mengen an PM10- und PM2,5-Feinstaub reduziert hatten. Der Durchmesser von PM10-Partikeln ist kleiner als zehn Mikrometer, von PM2,5-Partikeln kleiner als 2,5 Mikrometer.

Die USA und Kanada gehören zu den Regionen, in denen rund 80 Prozent der Menschen eine Luft atmen können, die den Richtlinien entspricht. Auch in anderen Ländern mit hohen Einkommen wie Europa, Australien und Neuseeland sei die Luft am besten.

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Menschen tanzen mit Masken im Smog in Fuyang in der chinesischen Provinz Anhui.
Foto: REUTERS

Unterschiede bei Haushalten eklatant

Diesen Erfolgen steht eine Verschlechterung in anderen Regionen gegenüber. Die rasantesten Veränderungen wurden in Süd- und Südostasien gemessen, wo mehr als 70 Prozent der armen Städte eine Verschlechterung der Luftqualität erlitten. Auch der Nahe Osten war stark betroffen. Die am stärksten verschmutzten Megastädte sind Delhi und Kairo. Deren Werte liegen bei einem Zehnfachen der WHO-Richtlinie. In Dhaka, Mumbai und Peking wurde noch eine Partikelkonzentration von einem Fünffachen des empfohlenen Levels gemessen.

Die WHO erhebt auch Daten zur Innenluft: Auch in Haushalten waren die Unterschiede eklatant. Rund drei Milliarden Menschen in ärmeren Ländern sind noch auf das Verbrennen von Holz, Kohle und Kerosin zum Kochen und Heizen angewiesen. Allein 3,8 Millionen Todesfälle werden dadurch verursacht.

EU-Kommission will Verbesserungen in Europa

Dennoch gibt es auch in Europa Verbesserungsbedarf: Erst im April drohte die EU-Kommission erneut Mitgliedsstaaten mit Klage wegen mangelhafter Luftqualität. Die Kommission hat im April neun Staaten, darunter Deutschland, Spanien, Italien, Großbritannien und Frankreich eine letzte Chance für rasche und nachhaltige Luftreinhaltemaßnahmen gegeben, die in diesem Jahr vorgelegt werden müssen. Andernfalls werde Umweltkommissar Karmenu Vella Klage vor dem Europäischen Gerichtshof empfehlen.

Österreich ist davon vorerst nicht betroffen. Ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der NO2-Belastung wurde jedoch in die Wege geleitet. Laut Luftgütemessungen des Umweltbundesamts wurden im Jahr 2016 die zulässigen Jahresmittelwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter an elf der 142 Messstellen in Österreich überschritten. Langfristig wird bei NO2 jedoch ein Rückgang verzeichnet. In den Jahren 2010 bzw. 2011 gab es noch an 18 bzw. an 21 Messstellen eine Überschreitung. (july, 2.5.2018)