Auf den Spuren der Lepra untersuchten Forscher mittelalterliche DNA aus Zähnen und Felsenbein, dem härtesten Knochen des Schädels.
Foto: Dorthe Pedersen

Kiel – Lepra hatte auch die Europäer über lange Zeit hinweg begleitet. Im 16. Jahrhundert verschwand die vom Bakterium Mycobacterium leprae ausgelöste Infektionskrankheit allerdings fast vollständig von unserem Kontinent – lange bevor Antibiotika für die medizinische Behandlung erfunden waren. Veränderungen in unserem Genom waren dafür verantwortlich, berichtet die Universität Kiel.

Die Knochen von 85 besonders schwerwiegenden Lepra-Fällen aus dem 12. und 13. Jahrhundert im dänischen Odense dienten einem internationalen Forschungsteam um Ben Krause-Kyora vom Institut für Klinische Molekularbiologie der Uni Kiel als Ausgangsmaterial. Die Proben verglichen die Forscher mit denen von 223 mittelalterlichen dänischen und norddeutschen Skeletten, die keine Spuren von Lepra aufwiesen. Die Ergebnisse der laut den Forschern weltweit ersten auf alter DNA (aDNA) basierenden Fall-Kontroll-Studie wurden in "Nature Communications" veröffentlicht.

Lepra hinterlässt Spuren: Wenn der Erreger Nervenbahnen absterben lässt, kommt es zu Entzündungen. In der Folge können beispielsweise Finger oder Zehen abfaulen.
Foto: Dorthe Pedersen

Die Forscher befreiten die Proben zunächst von jeglichen Verunreinigungen. Etwa 50 bis 100 Milligramm Material von Zähnen und Schädelknochen wurden anschließend im Labor für Alte DNA analysiert. In den Zähnen fanden die Wissenschafer bis zu fünf Prozent menschlicher DNA, die pathogene Lepra-DNA lag sogar nur im Promillebereich vor. "Dies ist tatsächlich eine ordentliche Ausbeute. Wir hatten eine hohe Erfolgsquote, weil das Material sehr gut erhalten ist", sagt Krause-Kyora.

Die Analysen zeigen, dass eine bestimmte Variante des Immun-Gens HLA- DRB1 die Menschen bis zum Mittelalter anfällig für Lepra gemacht hatte. Die damaligen hygienischen Maßnahmen zeigten allerdings Wirkung bis heute: Während der Epidemie im europäischen Mittelalter wurden Betroffene in Pflegeeinrichtungen isoliert und auf separaten Friedhöfen begraben. Dadurch, dass die Menschen isoliert wurden und keine Nachkommen bekommen konnten, gaben sie diesen Risikofaktor nicht weiter.

"Die Anpassung des Menschen an dieses Bakterium über Jahrhunderte könnte dazu geführt haben, dass die Krankheit langsam verschwand", erklärt Krause-Kyora, "Dies spricht dafür, dass die Lepra und auch andere Epidemien der Vergangenheit die heutige Zusammensetzung unseres Genoms nachhaltig beeinflussten." (red, 2. 5. 2018)