Die Salzburger Gerichtsmediziner stellten im Fall der beiden Leichen im Traunsee 2016 aufgrund der Proteinanalyse fest, dass es sich dabei um Mord und anschließenden Selbstmord gehandelt hat.

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Die Realität der Gerichtsmedizin entspricht nicht jener, die man aus TV-Krimiserien kennt. In der Fiktion kann der Todeszeitpunkt innerhalb kürzester Zeit und ganz exakt ermittelt werden. Die Wirklichkeit ist eine andere. "Wir können den Todeszeitpunkt bestenfalls näher eingrenzen, aber auch das nicht in jedem Fall", sagt der Leiter der Salzburger Gerichtsmedizin, Fabio Monticelli. Er hat gemeinsam mit dem Zellbiologen Stefan Pittner eine neue Methode zur Eingrenzung des Todeszeitpunkts entwickelt.

Dabei untersuchen die Wissenschaftler den Abbauprozess von Proteinen im Skelettmuskel. Denn der Degradationsprozess der Skelettmuskelproteine gibt wichtige Hinweise auf den Todeszeitpunkt. Diese Methode konnte erfolgreich bei dem spektakulären Fall der beiden Leichen im Traunsee 2016 in Gmunden/Oberösterreich angewendet werden. Die Salzburger Gerichtsmediziner stellten aufgrund der Proteinanalyse fest, dass es sich dabei um Mord und anschließenden Selbstmord gehandelt hat.

Lücke schließen

Nun wollen Monticelli und Pittner diese Protein-Methode weiterentwickeln, um das bestehende Methoden-Spektrum zur Feststellung des Todeszeitpunkts weiter auszubauen. Denn mit dem bisherigen Wissensstand waren die Gerichtsmediziner in der Lage, den ungefähren Todeszeitpunkt entweder ganz früh oder vergleichsweise spät nach dem Tod einzugrenzen. Die Zeitspanne dazwischen, der sogenannte intermediäre postmortale Intervall, war bisher ein Graubereich. Mit der neuen Methode soll diese Lücke nun geschlossen werden.

Seit einem Jahr arbeiten die Salzburger Gerichtsmediziner deshalb mit dem National Forensic Service (NFS) in Seoul/Südkorea zusammen. Dessen frühere Leiterin, die Toxikologin Heesun Chung von der Chungnam National University (CNU) in Südkorea kam nach Salzburg, um ihre aktuellen Forschungsergebnisse zu präsentieren.

Abkühlung des Körpers

Die Südkoreaner untersuchen Metaboliten, die eng mit der Proteindegradation in Verbindung stehen. "Das NFS verfügt über eine apparative und finanzielle Ausstattung, die umfangreiche Untersuchungen ermöglicht, die wir hier in Salzburg nicht leisten können", betont Monticelli.

Viele Faktoren, wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lebensalter spielen beim Abbauprozess eine große Rolle. Eine häufig angewandte Methode basiert auf dem Abkühlungsverhalten eines Körpers nach dem Tod. "Wir wollen mit unserer Methode das Bündel an Möglichkeiten, die es gibt, um den Todeszeitpunkt einzugrenzen, erweitern", so Monticelli. "Am Ende sollten wir eine Art Werkzeugkoffer zur Verfügung haben, um je nach Fall die besten Werkzeuge auszuwählen und einzusetzen", so Pittner.

Verschiedene Methoden

Denn je nach Todesumständen sind die Methoden besser oder schlechter anwendbar. Daher sei es so wichtig, über ein breites Methodenspektrum zu verfügen, um es fallspezifisch anwenden zu können, so Pittner. Ziel der Wissenschaftler ist, dass die Salzburger Protein-Methode routinemäßig in der gerichtsmedizinischen Praxis angewendet werden kann.

Darüber hinaus hat Monticelli auch eine Zusammenarbeit mit Gerichtsmedizinern in Frankfurt initiiert. Hierbei geht es vor allem um die Erforschung des späteren postmortalen Intervalls. Der Todeszeitpunkt wird in diesem Fall auf Basis der Entwicklungsstadien von Insekten, die die Leiche besiedelt haben, bestimmt. Dabei kommt die Forensische Entomologie zum Einsatz, bei der auch Hinweise auf die Todesursache gesammelt werden. "In Frankfurt ist man auf die Methode mit dem Insektenbefall spezialisiert", erläutert Pittner. In Experimenten wird bei Schweinen, die im Freiland platziert wurden, der Insektenbefall beobachtet. Dabei hat das Salzburger Team Muskelproben entnommen und gleichzeitig den Degradationsprozess der Proteine untersucht. (red, 2.5.2018)