Sanaa/Wien – Die brutale Unterdrückung der Medien in den von den mit dem Iran verbündeten Houthis kontrollierten Gebieten des Jemen hat der jemenitische Informationsminister Moammar Mutahar al-Eryani beklagt. Bei einem Besuch in der APA am Mittwoch berichtete der Minister, seit 2014 seien 22 Journalisten getötet worden. Hunderte andere seien bedroht, entführt, gefoltert oder vertrieben worden.

Nach der Wiedervereinigung von Nord- und Südjemen im Jahr 1990 seien erste wichtige Schritte in Richtung Demokratie und Mehrparteiensystem unternommen worden, sagte Al-Eryani, der von einer Delegation aus hochrangigen Diplomaten aus dem Jemen und Saudi-Arabien begleitet wurde. 2012 sei Abed Rabbo Mansur Hadi zum neuen Präsidenten gewählt und im Rahmen eines nationalen Dialogs alle Gesellschaftsschichten eingebunden gewesen. Auch Houthis habe man Sitze in der Regierung angeboten.

Houthi-Milizen beendeten Dialog-Bemühungen

Durch den Einmarsch der radikalen Houthi-Milizen in der Hauptstadt Sanaa im Jahr 2014 sei diesem neuen Lebensgefühl jedoch ein jähes Ende gesetzt worden. Trotz intensiver Bemühungen und Friedensgesprächen in Genf und Kuwait konnte bis dato keine Einigung erreicht werden, erklärte der Minister der nunmehr in Aden residierenden Regierung, die von Saudi-Arabien und den Golfstaaten unterstützt wird. Den "glücklichen Jemen" (lateinisch: "Arabia Felix") gebe es derzeit nicht, formulierte Al-Eryani.

Der Minister berichtete, vor 2013 habe es 17 Tageszeitungen, 155 Wochenzeitungen und weitere Hunderte Publikationen gegeben. Es gab Al-Eryani zufolge vier staatliche Fernsehsender und 15 private, dazu eine Reihe nationaler und lokaler Radiostationen. Nunmehr hätten die vom Iran mit Waffen ausgerüsteten und militärisch ausgebildeten Houthis, die etwa 20 Prozent des Landes beherrschten, die Kontrolle über die Medien übernommen. Jetzt gebe es nur mehr zwei staatliche Fernsehsender und zwei private TV-Stationen, die von den Houthis betrieben würden, so der Informationsminister. Seit Ende 2015 würden die Houthis über zwölf Radiostationen ihre Propaganda verbreiten.

27 Millionen Menschen im Jemen auf Hilfe angewiesen

Der Minister hatte am Mittwoch mit seiner Delegation auch das Parlament in Wien besucht. Bei den Gesprächen mit Abgeordneten der im Nationalrat vertretenen Parteien standen nach Angaben der Parlamentskorrespondenz vor allem die komplexe politische Situation im Jemen, die große humanitäre Krise sowie die Bemühungen in Richtung einer friedlichen Lösung im Mittelpunkt des Gesprächs.

Nach Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha sind bereits rund 22 der etwa 27 Millionen Einwohner des Jemen auf Hilfe angewiesen, vor allem auf Lebensmittel und medizinische Versorgung. Infrastrukturminister Maeen Abdo wies zudem darauf hin, dass viele Kinder von den Houthis als Soldaten rekrutiert würden und dass sie auch sehr oft Opfer der Hunderttausenden Landminen seien, die von den Milizen eingesetzt würden. Man erwarte sich daher von der internationalen Gemeinschaft, dass mehr Druck auf die Houthis ausgeübt werde.

Auf Fragen der österreichischen Mandatare bezüglich der von Saudi-Arabien seit dem Jahr 2015 angeführten Militärintervention im Jemen gab Al-Eryani zu bedenken, dass sein Land von der Weltgemeinschaft vergessen worden sei. Einzig das Nachbarland Saudi-Arabien, in dem über 2,5 Millionen Jemeniten arbeiteten, habe umfassende Hilfe auf humanitärer und wirtschaftlicher Ebene angeboten. Es handle sich daher nicht – wie fälschlicherweise in vielen Medien berichtet werde – um einen Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. (APA, 2.5.2018)