Thaddäus "Teddy" Podgorski ist der Vater der "Bundesland heute"-Schiene. Die Sendung ging unter dem damaligen ORF-General erstmals am 2. Mai 1988 on air.

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"Niederösterreich heute" mit Moderatorin Ingrid Thurnher.

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Wien – Blondierte Mähne, gelber Blazer, blaue Bluse: Die Ingrid Thurnher von damals weckt bei Thaddäus Podgorski heute nostalgische Erinnerungen: "Die Frisur ist ein bisschen übertrieben, aber wahrscheinlich war das damals Mode", sagt er und schmunzelt über das Foto von 1988. Ihren Job als Moderatorin der ersten Niederösterreich heute-Sendung hatte Thurnher indirekt dem damaligen ORF-Generalintendanten zu verdanken. Podgorski gründete nämlich jene Bundesländerschiene, die erstmals am 2. Mai 1988 um 19 Uhr in ORF 2 auf Sendung ging und zum konstanten Quotenbringer im ORF avancieren sollte.

Die Anfangszeit war nicht einfach, erinnert sich Podgorski im Gespräch mit dem STANDARD. Viele Redakteure aus den Landesstudios hätten plötzlich geglaubt, sie hätten in der halben Stunde einen Freibrief: "Die einen wollten Kabarett machen, die anderen haben Geschichten über Trachten und Sagen erzählt." Mit einem Wort: "Furchtbar!"

Tiersegnung fürs Fernsehen

Beiträge aus den Bundesländern hatte Podgorski zuvor schon als ZiB -Redakteur gestaltet, allerdings von Wien aus: "Wir sind von Zeit zu Zeit in die Bundesländer gefahren und haben dort lauter Lächerlichkeiten aufgenommen. Etwa eine Tiersegnung." Um ins Fernsehen zu kommen, hätten Bürgermeister oder Pfarrer einfach Bräuche erfunden: "Dann sind Ministranten durch irgendwelche Felder gegangen."

Vorgänger von Bundesland heute war Österreich Bild. Das Problem dabei: Das Format musste alle repräsentieren: "Brennt im Burgenland ein Stadl, interessiert das aber in Vorarlberg niemanden." Abhilfe schaffte erst eine Sendung pro Bundesland. Am schwierigsten sei es gewesen, den provinziellen Mief abzuschütteln und alle neun Regionalsendungen auf einen gemeinsamen News-Nenner zu bringen: "Ich bin von Bundesland zu Bundesland gefahren und habe mich unbeliebt gemacht, weil ich gesagt habe, was schlecht ist."

Schlecht waren anfangs zum Beispiel die Wetterberichte: "Irgendwelche Redakteure waren als Selbstdarsteller unterwegs, haben sich verkleidet und sind dann unter einem Auto hervorgekrochen." Unsäglich sei das gewesen: "Sie haben Schabernack getrieben, das war richtig provinziell", so Podgorski. "Entfesselte" Mitarbeiter hätten geglaubt: "Jetzt fängt das Showbusiness an." Als Dompteur fungierte er gemeinsam mit Rudolf Nagiller, damals Landesdirektor in Tirol: "Es waren viele Sitzungen und Trainingssendungen."

So etwas wie Stolz empfindet der 82-Jährige nicht, wenn er auf sein Baby zurückblickt, das er einigen Widerständen zum Trotz konzipierte: "Meiner Meinung nach war es eine Selbstverständlichkeit." Rein technisch konnte der ORF die Sender regional auseinanderschalten; was anfangs fehlte, war politische Rückendeckung.

"Richtig geil darauf"

Die roten ORF-Kuratoren (heute: ORF-Stiftungsräte) hätten den "schwarzen Landeshauptleuten" nicht "noch mehr Macht" einräumen wollen. Und die ÖVP-Kuratoren? "Die wollten dem Podgorski keinen Erfolg gönnen, weil sie wieder Gerd Bacher als ORF-Chef wollten." Aber: Die bürgerlichen ORF-Aufsichtsräte "konnten nicht anders, weil sie richtig geil darauf waren."

Richtig geil dürften sie auch heute noch darauf sein, denn die Bühne für ihre Präsenz stimmt nach wie vor. Von durchschnittlich 1,07 Millionen Zusehern – in allen Bundesländern gemeinsam – im Jahr 2017 und einem Marktanteil von 50 Prozent können die meisten ORF-Sendungen nur träumen. Bei den Ausgaben selbst gibt es ein Ost-West-Gefälle: je mehr Urbanität, desto weniger Seher für Bundesland heute.

Pröll und Zilk vorne dabei

Wer interveniert am häufigsten im Landesstudio? Podgorski mag das heute nicht beurteilen, aber: Niederösterreichs Langzeitlandeshauptmann "Erwin Pröll war ein starkes Redaktionsmitglied". Und: Wiens Bürgermeister Helmut Zilk, zuvor selbst ORF-Direktor, "hat wirklich jeden Tag den Urban angerufen." Zilk "hat immer etwas gewusst oder jemanden einen Gefallen machen wollen". Othmar Urban stand bis 1992 an der Spitze des Wiener Landesstudios.

Dieses Politik-Problem verortet Podgorski im ORF-Gesetz. Dort steht, dass bei der Bestellung der Landesdirektoren der jeweilige Landeshauptmann zu hören ist: "Was heißt hören, der bestimmt, wer den Job bekommt", kritisiert Podgorski: "Wenn ein Generaldirektor bleiben möchte, muss er das machen, was ihm die Landeshauptleute sagen."

Als ORF-Generalintendant von 1986 bis 1990 habe er sich zweimal erfolgreich dagegen gewehrt. In der Steiermark und in Tirol: "Bei mir war es eh schon wurscht, ich wusste, sie wählen mich nicht mehr." Auf Podgorski, der neben Bundesland heute auch Sendungen wie die Zeit im Bild, Seitenblicke oder Universum initiierte, folgte 1990 wieder Gerd Bacher.

Konkurrenz abschütteln

Was von Podgorski noch bleibt, ist ein starker Vorabend: "Hintergedanke war, dass wir so die Konkurrenz aus Deutschland blockieren." Und die vielen Zuseher zur Zeit im Bild mitnehmen: "Der Vorabend war saniert." Wichtiger Nebeneffekt war, dass endlich auch eine Repräsentationsfläche für die Volksgruppen etabliert wurde: "Vorher wurde überhaupt nichts für Minderheiten gemacht." Das wöchentliche TV-Magazin "Heimat Fremde Heimat" existiert erst seit dem Jahr 1989.

Podgorski sieht Bundesland heute als "besten Beweis, dass es einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht". Private könnten so eine Gesamtversorgung nicht stemmen. Weil viele Politiker "Dilettanten" seien, mache er sich aber Sorgen um den ORF. Den Plan der Regierung, dass der ORF mit den Privatsendern zusammenarbeiten solle, hält er für "naiv und zynisch". Die Privaten würden auf die Gebühren schielen. "Und im Gegenzug soll der ORF dann etwa Pornowerbung machen dürfen? Das ist absurd." (Oliver Mark, 3.5.2018)