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Proteste gegen die Ehrung von Nazis mit Straßennamen gibt es in Salzburg oft. Auch der Karajan-Platz wurde wiederholt "umbenannt". Im Jahr 2000 war die Architektin Schütte-Lihotzky Namenspatronin.

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Wenn die Benennung von Straßen und Plätzen eine gesellschaftliche Wertung darstellt, dann hat die Stadt Salzburg ein gröberes Problem: Gleich 46 Straßen und Plätze sind nach prominenten NSDAP-Mitgliedern benannt. Drei Namen gehen auf Parteianwärter zurück. Weitere 15 Personen waren zwar nicht in der Partei, aber nachweisbar Teil des Regimes. Das hat eine im Auftrag der Stadt eingesetzte Historikerkommission erhoben.

Zum Vergleich: Von den knapp 1.150 Salzburger Straßen und Plätzen sind nur ganze 37 nach Frauen benannt. Und da sei es oft auf den ersten Blick nicht erkenntlich, dass eine Frau Namenspatin sei, sagt der Historiker Johannes Hofinger im STANDARD-Gespräch. Als Beispiel nennt der von der Stadt mit der Erarbeitung der Biografien beauftragte Hofinger die Arenbergstraße am Fuß des Kapuzinerberges. Diese ist nach Sophie von Arenberg benannt, was kaum jemand in Salzburg wissen dürfte. Ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderats aus dem Jahr 2010, dass Frauen in Hinkunft bei Neubenennungen zu bevorzugen seien, konnte an der geringen Zahl weiblicher Namenspatinnen vorerst wenig ändern.

Thorak, Karajan und andere

Kommenden Freitag will die Stadt Salzburg die Liste der nationalsozialistisch belasteten Personen offenlegen. Einige der Namen sind freilich ohnehin bekannt: Der Dirigent Herbert von Karajan ist darunter oder auch der immer wieder in Diskussion stehende Josef Thorak. Es hat bereits viele Anträge zu einer Umbenennung gegeben, bisher sind sie freilich immer an SPÖ, ÖVP und FPÖ gescheitert. Auch einige Anrainer der Thorak-Straße haben sich für die Umbenennung ihrer Straße ausgesprochen. Sie blieben ungehört.

Thorak gehörte zu den von Adolf Hitler und Joseph Goebbels persönlich auserwählten "gottbegnadeten" Künstlern sowie auf der Sonderliste der "unersetzlichen Künstler". Seine Skulpturen stehen bis heute unkommentiert im Salzburger Kurgarten und waren auch wiederholt Anlass für kritische Kunstaktionen. Aktuell hat der Bildhauer Daniel Toporis eine Online-Petition gestartet.

Toporis schlägt vor, die Statuen Paracelsus und Kopernikus als dauerhafte Intervention zwar im Kurgarten zu belassen, aber von der Horizontale in die Vertikale umzulegen.

Vorerst keine Umbenennung

Konsequenzen dürfte die Offenlegung der NS-Biografien vorerst freilich keine haben. Der Gemeinderat muss zuerst einmal über das Prozedere abstimmen. Soweit bis dato bekannt, sollen die Nazi-Namen von den Historikern in drei Kategorien eingeteilt werden.

· Kategorie 1 sind jene Personen, die zwar bei den Nazis dabei waren, aber sich keiner Verbrechen schuldig gemacht haben. Bei diesen Personen wird die NS-Verstrickung nur auf der Homepage der Stadt Salzburg erwähnt.

· Kategorie 2 sind jene Nazi-Größen, deren Aktivitäten so weit gegangen sind, dass es zusätzlich zur Darstellung der Biografie im Internet einer Erklärungstafel im öffentlichen Raum bedarf.

· Kategorie 3 schließlich sind die hochbelasteten Personen. Hier soll über eine Umbenennung der Straßen oder Plätze nachgedacht werden. Dazu bedarf es freilich wieder eines eigenen Gemeinderatsbeschlusses. Vor 2020 ist damit nicht zu rechnen.

Welcher Nationalsozialist welcher Gruppe zugerechnet wird, dürfte am Freitag offiziell bekanntgegeben werden. Die Mehrheit der Geehrten haben Partei-Mitgliedsnummern aus dem Jahr 1938 oder früher, dürften also Illegale gewesen sein.

Protestantenvertreibung

Neben den Nazi-Größen stehen aber auch noch andere Namen in der Kritik. Ein Beispiel ist die Salzburger Firmianstraße im Stadtteil Leopoldskron. Sie ist nach dem 1744 verstorbenen Fürsterzbischof Freiherr von Firmian benannt. Firmian war ein ausgesprochen brutaler Herrscher. Auf sein Konto geht die Salzburger Protestantenvertreibung. Insgesamt rund 20.000 Evangelische mussten damals Salzburg verlassen; das waren immerhin fast 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. (Thomas Neuhold, 3.5.2018)