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Sylvan Adams träumt vom "Amsterdam des Nahen Ostens".

Foto: REUTERS/Nir Elias

Nicht Coffeeshops oder Grachten hat Sylvan Adams (58) im Sinn, wenn er seine Vision vom israelischen Amsterdam ausbreitet, das Tel Aviv werden soll. In die Radmetropole des Nahen Ostens will Adams seine Wahlheimatstadt verwandeln – am besten gestern.

Spätberufene zeichnet oft besondere Leidenschaft aus. Adams ist ein Spätberufener des Radsports. Der in Kanada geborene Multimillionär, der selbst erst mit Ende 30 das Radfahren richtig erlernte, hat dafür gesorgt, dass der Giro d'Italia, die nach der Tour de France zweitwichtigste Profiradrundfahrt der Welt, anlässlich des 70. Jahrestags der Staatsgründung in Israel gastiert – mit einem Einzelzeitfahren zum Auftakt am Freitag in Jerusalem sowie zwei Etappen am Wochenende. Gut zehn Millionen Euro lässt sich Adams die Organisation der "Grande Partenza" kosten. Dazu kommen dem Vernehmen nach noch zwei Millionen Euro Antrittsgage für den viermaligen Tour-de-France-Sieger Chris Froome vom Team Sky.

Aus reicher Familie

Adams kann sich das leisten. Sein Vater, als Marcel Abramovich in eine rumänische Gerberfamilie geboren, entkam dem Holocaust, kämpfte im israelischen Unabhängigkeitskrieg und emigrierte Anfang der 1950er nach Kanada, wo er ein Immobilienunternehmen aufbaute, das aktuell mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar schwer ist.

Sylvan Adams führte für seinen – mittlerweile 97-jährigen – Vater die Geschäfte und stieg auf Anraten eines Freundes zum Ausgleich in die Radpedale – derart beherzt, dass für ihn bis dato sechs kanadische Meistertitel und Goldmedaillen bei Pan-Amerika-Spielen und Makkabiaden zu Buche stehen – in Mastersklassen, versteht sich.

Nicht weniger engagiert ist der mit einer Londonerin verheiratete Familienvater als Zionist, wie er sich selbst bezeichnet. Sein Giro-Projekt stieß auf heftigen Widerstand auch propalästinensischer NGOs. Adams, der vor zwei Jahren von Montreal nach Tel Aviv übersiedelte und in der Israel Cycling Academy sein eigenes Profiradteam und ein Institut für Sportwissenschaften gründete, hält den Kritikern entgegen, dass mit dem bisher größten Sportevent in Israel keine politischen Ziele verfolgt, sondern "die Landschaft, die reiche Geschichte, vor allem aber die Menschen in ihrer freien, pluralistischen und lebendigen demokratischen Gesellschaft" in den Blickpunkt gerückt werden sollen. Mit Palästina habe die "Grande Partenza" jedenfalls rein gar nichts zu tun. (Sigi Lützow, 2.5.2018)