Wels – Über zehn Jahre gab es in der Stadt Wels jedes Jahr die Veranstaltungsreihe "Monat für Respekt und Toleranz". 2018 findet sich dieser Monat nicht mehr auf dem Welser Kalender, was zu Kritik an den blauen Stadtvätern führte. "Offenbar liegen der FPÖ Respekt und Toleranz nicht", moniert Werner Retzl, Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa), die seit vielen Jahren Gedenk-, Menschenrechts- und Integrationsarbeit macht, in einer Aussendung am Donnerstag. Er wirft Bürgermeister Andreas Rabl und dessen Vize Gerhard Kroiß (beide FPÖ) einen "blauen Machtrausch" vor.

FPÖ: "Konzept abgenutzt"

Der ressortzuständige Vizebürgermeister Kroiß erklärt die Streichung des Monats auf STANDARD-Nachfrage so: "Ich brauche da keinen Monat für Respekt und Toleranz, das soll jeden Tag selbstverständlich sein." Außerdem habe sich das "Konzept abgenutzt, und es hat nicht mehr so viel Interesse dafür gegeben".

Einzig das Fest der Kulturen, früher quasi der Höhepunkt des Monats, ist übriggeblieben. Es findet diesen Sonntag statt. Doch aufgrund der Einladungspolitik dazu kam es gleich zum nächsten Eklat. Die Initiative gegen Faschismus wurde nämlich heuer erstmals nicht eingeladen. Wohl aber der Verein Alif.

"Fragwürdige Strömung"

Dieser gehört zur Bewegung Milli Görüs, von der Teile nationalistische und immer wieder auch antisemitische Inhalte verbreiteten. 2017 hatten sich ÖVP und SPÖ von Funktionären wegen derer Zugehörigkeit zu Milli Görüs getrennt. Retzl resümiert: "Eine sehr fragwürdige islamistische Strömung ist also willkommen, wer sich demokratie- und integrationspolitisch engagiert, aber nicht."

"In Wels sind die von Alif in keinster Weise unangenehm aufgefallen", betont Kroiß, "die machen nie Probleme waren nie politisch extrem und waren beim Fest schon einige Male dabei."

Die antifaschistische Initiative vermutet hinter der Ausladung einen Racheakt, weil sie in jüngerer Vergangenheit immer wieder auf rechtsextreme Umtriebe in der FPÖ hingewiesen hat.

Brauchtum, Religion und Migranten

Kroiß sieht das gänzlich anders: "Wer mich kennt", erklärt er dem STANDARD, "weiß, dass ich kein rachsüchtiger Mensch bin." Die Einladung erfolge nach klaren Kriterien: Lokale Brauchtumsvereine, Religionsgemeinschaften und Migrantenvereine würden das Fest bestreiten. "Die Antifa gehört da nirgends dazu", so Kroiß, "das Fest soll dazu dienen, dass sich die Kulturen da austauschen und sich mit ihren Ständen und vielleicht auch Essen präsentieren."

Ob sich Kroiß den Verein Alif noch einmal ansehen wolle vor dem Fest? "Ich weiß ja, wo die sind, ich kenne die, aber es wäre jetzt auch ein bisschen kurzfristig, sie auszuladen", sagt der Vizebürgermeister. Die Stadt Wels sei im Übrigen nur "lokaler Auftraggeber und Kooperationspartner" des Festes, die Veranstalterin sei eigentlich die Volkshilfe.

SPÖ entpört

Am Donnerstag meldete sich auch die Welser SPÖ in der Sache zu Wort. Der SPÖ-Stadtrat Klaus Hoflehner erwähnt eine weitere Einrichtung, die von der FPÖ ausgeladen worden sei, das Freiwilligenzentrum Wels (FZW), das schon einige Male an dem Fest teilgenommen hatte. Die "Ausladung" des FZW habe die FPÖ aber mittlerweile wieder revidiert.

Auch die stellvertretende SPÖ-Vorsitzende Laurien Scheinecker kritisiert, dass die antifaschistische Initiative nicht eingeladen wurde. "In Wels herrscht jetzt anscheinend politische Unkultur: Wer den Blauen nicht nach dem Mund redet, fliegt raus", so Scheinecker. (Colette M. Schmidt, 3.5.2018)