Die Mitarbeiter der Voestalpine halten fast 15 Prozent der Anteile am Unternehmen.

Foto: Rainer Wegscheidler

Wer hierzulande mit dem Wort Mitarbeiterbeteiligung etwas anfangen kann, assoziiert damit wohl primär das Silicon Valley. Dort ist es durchaus üblich, Mitarbeiter in Aktienform an der Firma zu beteiligen. In Österreich sieht diese Situation anders aus. Nur bei wenigen Firmen gibt es das Modell. Und noch weniger Menschen haben überhaupt davon gehört.

"Es liegt an mangelnden Erfolgsbeispielen. Hätten in Österreich Menschen viel Geld über eine Beteiligung gemacht, würden wir darüber sprechen. Mir sind leider keine bekannt", sagt Georg Kopetz, Chef der Firma TTTech, die Software zum autonomen Fahren entwickelt. Er glaubt nicht, dass die Österreicher grundsätzlich gegen dieses Modell wären, sie kennen es einfach zu wenig. Auch im eigenen Unternehmen nutze kaum jemand das Angebot. Aktuell gibt es bei TTTech Aktienbeteiligungen als Ersatz für Boni, allerdings nur für jene, die es so möchten.

Mitarbeiterbeteiligungen lassen sich unterschiedlich ausgestalten: reine Gewinnbeteiligung, Miteigentümer werden oder Geld herborgen. "Mitarbeiterbeteiligungen pauschal als gut oder schlecht zu qualifizieren ist nicht möglich, es kommt immer auf die Ausgestaltung an", sagt Heinz Leitsmüller, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft bei der Arbeiterkammer (AK) Wien. Er warnt jedoch, dass sich nur Menschen, die nicht auf das Geld angewiesen sind, darauf einlassen sollten: "Es besteht klarerweise ein Risiko. Ein Verlust könnte jemanden, der anderweitig nicht viel sparen kann, in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bringen", so Leitsmüller.

Beteiligung als Motivator

Aufseiten der Arbeitgeber und Wirtschaftskammer sieht man die Beteilung als Motivator. Sie solle den Mitarbeiter zu eigenverantwortlichem Handeln bewegen und eine stärkere Identifikation mit dem Unternehmen herstellen.

Bei der AK hält man diese Funktion für überbewertet: "Was Mitarbeiter wirklich motiviert, ist ein guter und fairer Lohn und nicht ein paar Aktien", sagt Leitsmüller. Auf die Unternehmensentwicklung hätten die Mitarbeiter ja trotzdem kaum Einfluss.

Was aber auch die AK ganz klar begrüßt, sind sogenannte Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen. Die Stimmen, respektive die Anteile werden in einer Stiftung gebündelt, wodurch die Angestellten zu einem Kernaktionär werden können. "So lässt sich eine Firewall gegen 'feindliche' Übernahmen aufbauen", erklärt Leitsmüller.

Das berühmteste Beispiel der heimischen Beteiligungslandschaft ist jenes der Voestalpine. Beim Linzer Stahlunternehmen besitzt die Stiftung knapp 15 Prozent der Anteile und bildet gemeinsam mit der Oberbank und der Raiffeisen Oberösterreich die Sperrminorität. Momentan bestehe in Österreich erhöhtes Interesse an derartigen Bündelungen, meint Leitsmüller.

Dazu trägt wohl auch die Anfang des Jahres erfolgte Gesetzesänderung bei. Bisher ließen sich Mitarbeiterstimmen nur über ein umständliches Treuhandkonstrukt in einer Stiftung bündeln, da die Anteile direkt an den Mitarbeiter gehen mussten. Seit 1. Jänner 2018 ist das nicht mehr notwendig, und die Anteile lassen sich unmittelbar in einer Stiftung vereinen.

Erträge aus gebündelten Aktien sind bis zu einem Höchstbetrag von 4500 Euro frei von Lohnsteuer und Sozialabgaben. Beteiligungen, die direkt an den Mitarbeiter gehen, sind mit 3000 Euro gedeckelt. Vorausgesetzt, sie wurden verbilligt oder kostenfrei vom Arbeitgeber ausgegeben. Rund sechs Prozent der heimischen Beschäftigten sind kapitalmäßig an ihrem Unternehmen beteiligt.

Steuerliche Begünstigung

Was das Thema steuerliche Begünstigung angeht, sieht TTTech-Chef Kopetz noch klaren Aufholbedarf. "Aktienbeteiligungen sollten noch großzügigere Steuerbefreiungen bekommen, besonders wenn Mitarbeiter ihr eigenes Geld in die Hand nehmen müssen. Erst beim gewinnbringenden Verkauf einer Beteiligung sollte eine Steuerpflicht anfallen", so Kopetz.

Vor allem zwischen dem Jahr 2000 und 2008 waren Mitarbeiterbeteiligungen in Mode. Bei der Post, Telekom, Amag oder dem Flughafen Wien gibt es sie auch. Eines haben all diese Firmen gemein: die Börsennotierung. Die Ausgestaltung ist für nicht börsennotierte Unternehmen komplizierter, da sie keinen Börsenkurs haben. Ein schneller Ein- oder Ausstieg eines Mitarbeiters brächte automatisch Schwierigkeiten mit sich. Finanziell an der eigenen Firma beteiligt zu sein klingt in Zeiten von Hochkonjunktur also durchaus verlockend – während einer Krise aber eher weniger. (Andreas Danzer, 6.5.2018)