Abbildung der Eroberung der Festung Raab (Györ) durch die österreichischen Truppen im Jahr 1598. 1606 endete der "lange Türkenkrieg".

Illustration: ÖAW

Wien – Der Höhepunkt der kleinen Eiszeit um das Jahr 1600 traf einer neuen Analyse zufolge vor allem das Osmanische Reich hart: Der damalige Klimawandel beendete dort eine "Boomzeit" und verkürzte auch den 1606 beendeten "langen Türkenkrieg" mit dem Habsburgerreich, wie ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachblatt "Human Ecology" berichtet.

Extreme Kälte- und Dürreperioden vor allem in den Kerngebieten des Osmanischen Reiches im östlichen Mittelmeerraum setzten dem seit 1593 vor allem im heutigen Ungarn tobenden Krieg indirekt ein Ende, wie Studien-Koautor Johannes Preiser-Kapeller vom Institut für Mittelalterforschung der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erklärte. Zwar zog die Klimaveränderung, die ausgehend von der mittelalterlichen Warmzeit ab dem 14. Jahrhundert eine deutliche Abkühlung zur Folge hatte, auch Europas Bevölkerung stark in Mitleidenschaft. Im Osmanischen Reich waren die Auswirkungen jedoch umso heftiger, da es dort zuvor zu einer großen Bevölkerungszunahme gekommen war.

Aufschlussreiche Klimaarchive

In der groß angelegten Studie analysierte das internationale Wissenschafterteam neben historischen Aufzeichnungen und archäologischen Funden auch "Klimaarchive aus Tropfsteinhöhlen. Diese erlauben Rückschlüsse auf die Klimabedingungen in sehr genauer zeitlicher Auflösung.

Im Gegensatz zu Europa, wo die durch die kleine Eiszeit verschärfte Versorgungssituation auch mit Religionskriegen und der Zunahme an "Hexenverfolgungen" in Verbindung gebracht wird, wusste man über die Auswirkungen der Veränderungen im östlichen Mittelmeerraum noch deutlich weniger, sagte Preiser-Kapeller. Die Frage war auch, warum die Osmanen von der damaligen Schwächung Europas nicht stärker profitieren konnten.

"Die Antwort ist: Weil sie neben anderen politischen Faktoren selbst schon so viel stärker von der Klimaveränderung getroffen wurden", so Preiser-Kapeller. Dass um 1600 eine schwere Krise mit Hungersnöten herrschte und es zu den sogenannten Celali-Aufständen (1596 bis 1610) in Anatolien kam, war zwar bereits bekannt. Welche Rolle das Klima dabei spielte, war jedoch unklar.

Überdimensioniertes Heer

Die neue Studie lasse nun kaum mehr Zweifel an der starken Verbindung zu, sagte Preiser-Kapeller: Vor allem die Tatsache, dass zuvor in der Region sehr günstige Bedingungen herrschten, verschärfte die Krise ungemein. "Die stark angewachsene Bevölkerung konnte kaum mehr ernährt werden, der Staatsapparat und das Militär waren für die neue Ressourcenbasis zu groß dimensioniert", so der Forscher.

Die Analyse zeigte auch, dass die Kreuzfahrer aus Europa, die im Jahr 1099 Jerusalem eroberten, von deutlich besseren Bedingungen in der Region profitierten. Aufgrund dessen konnten sie im Jordantal im heutigen Israel und Jordanien den wasserintensiven Anbau von Zuckerrohr intensivieren. Vom lukrativen Zucker-Export profitierten die Kreuzfahrer stark.

Ihre Nachfolger als Herrscher in der Region, die Mamluken, hatten dann zwischen 1260 und 1516 weniger Glück. Zu dieser Zeit begann sich das Klima zu ändern, auch die Pest wütete ab den 1340er Jahren. Eine Forschungsfrage war nun, ob man damals auf die Veränderung "vernünftig" reagiert hat, so Preiser-Kapeller. Es zeigte sich jedoch, dass dem nicht so war: Unter den Mamluken ging der vor allem für die Oberschicht profitable Zuckerrohranbau weiter, obwohl Wasser deutlich knapper wurde – was dann wiederum auch "soziale Verwerfungen" mit sich brachte. 1517 wurde das geschwächte Mamluken-Reich dann von den Osmanen erobert. (APA, red, 3.5.2018)