Und malen konnte er auch: Arnold Schönbergs "Grünes Selbstportrait" aus dem Jahr 1910.

Foto: Johansen Krause

Nuria Schoenberg-Nono über den Vater: "Sein Kopf hat einfach ständig Neues produziert."

Foto: Jodlbauer

Wien – Vor den Nazis flüchtend emigrierte Komponist Arnold Schönberg – nach einer europäischen Odyssee – 1934 in die USA, wo er bis zu seinem Tod (1951) blieb. Ob es ihn jemals nach Österreich zurückdrängte, kann seine Tochter Nuria Schoenberg-Nono auch nach den vielen Jahren nicht eindeutig beantworten. Es hallt in ihren Worten die Ambivalenz der Nachkriegsjahre nach. "Er wurde eingeladen, aber er hatte Angst, dass es noch Nazis gibt, dass der Antisemitismus nicht vorbei sei." Verständlich. "In Frankfurt ging es einmal darum, den Überlebenden aus Warschau anzusetzen. Dann hieß es: Besser nicht, es könnte unangenehm für einige im Publikum werden, es könnte Pfiffe geben ...", erzählt Schoenberg-Nono von jener Zeit, als von der Idee zu einem Wiener Center für den Nachlass ihres Vaters noch keine Rede sein konnte.

Treffen mit Pasterk

Nun existiert das Schönberg-Center am Schwarzenbergplatz aber tatsächlich bereits seit 20 Jahren. Und obwohl "der Vater sich über dessen Existenz gefreut hätte, wäre es für ihn jenseits des Vorstellbaren gewesen, dass es in Wien eröffnet würde. Lawrence und Ronald, meine Brüder, und ich hätten es uns ja auch nicht träumen lassen." Man sei "in verschiedenen Städten gewesen, um zu entscheiden, wo der Nachlass am besten aufbewahrt und nutzbar gemacht werden könnte. Angebote gab es aus New York, Den Haag und aus Berlin."

Wien kannten die drei Geschwister nur aus wenig schmeichelhaften Erzählungen "unserer Mutter als Stadt, die sich schlecht benommen hat: 'Wien, Wien, nur du allein, dir wird man die Schande nicht verzeih'n!', hieß es. Dann allerdings trafen wir Kulturstadträtin Ursula Pasterk, die sagte: ,Schönberg muss nach Wien, er gehört hierher!' Sie war fantastisch!" Den Vertrag habe dann aber erst ihr Nachfolger Peter Marboe unterschrieben, "der das Projekt intuitiv verstanden hat".

Das Jubiläum wird im Palais Fanto mit der Ausstellung Jung-Wien begangen. Nono-Schoenberg war selbstredend bei jeder bisherigen und so auch bei dieser Schau, die Schönbergs Beziehung unter anderen zu Adolf Loos, Gustav Klimt und Karl Kraus thematisiert. Dennoch "gewöhnt man sich nie daran, durch die eigene Geschichte zu gehen – es ist sehr emotional."

Dass ihr Vater – auch abseits der Musik – ein permanenter Erfinder war (der Entwurf einer Notenschreibmaschine zeigt es etwa), weiß Frau Nono-Schoenberg natürlich. Sie kann weitere Beispiele hinzufügen: "Jene Dinge, die er abseits der Musik erdacht hat, waren gewiss eine Abwechslung vom Komponieren. Mein Vater hat aber immer gearbeitet, sein Kopf hat einfach ständig Neues produziert.

Wenn er auf meine Mutter im Auto warten musste, schrieb er in kleine Notizbücher. Erfindungen stehen da neben Texten zur Oper Moses und Aron."

Schönbergs Ideenfleiß machte auch vor Alltäglichem nicht halt: "Er kreierte Kleiderbügel aus Holz, aber mit zwei Wäscheklammern, sodass meine Mutter ihre Röcke aufhängen konnte. Heute kann man das ja kaufen, damals gab es so was nicht. Die Eltern, Gertrud und Arnold Schönberg, haben für uns Kinder auch Geschenke gebastelt. Ich erinnere mich an die Verkehrsampel mit drei Lampen für unseren Zwei- und Dreiradverkehr im Garten!"

Autofahren hatte übrigens "Mutter gelernt, in Los Angeles war das unerlässlich, mein Vater fuhr nicht mehr. In Europa hatte er es noch getan, nach einem Unfall wollte er aber nicht mehr."

Ums Unterrichten kam der Innovative allerdings nicht herum: "Es war einerseits schwer – seine Schüler waren nicht Anton Webern und Alban Berg; er musste viele Anfänger unterrichten. Er tat es aber gern. Allen imponierte, dass er sich für jede Stunde gründlich vorbereitet hat."

Schönberg habe "alle Schüler als Individuen behandelt. Manchmal kam er nach Hause und erzählte erfreut, dass jemandem 'ein Licht aufgegangen' sei, dass von jemandem etwas verstanden wurde, der nicht unbedingt das größte Talent war. Es hat ihn ja immer belastet, wenn er etwas nicht vermitteln konnte. Grundsätzlich wollte er zeigen, was es heißt, Künstler zu sein, und welches Ethos es seiner Meinung nach braucht."

Die "schwere" Musik

Dass Schönbergs Musik als zu komplex gilt, hält sie für ein ärgerliches Klischee: "Man braucht nicht zu denken, alle müssten alles lieben. Bei Büchern ist es doch auch so, denken Sie an Ulysses von Joyce. Es gibt letztlich Stereotype: 'Diese schwere Musik!', so beginnen viele Artikel. Wenn aber die Werke gut gespielt werden, wenn nicht nur die Noten umgesetzt, sondern auch die Emotionen verstanden und transportiert werden, zeigt sich das Wesen dieser Musik. Mein Vater hat gesagt: 'Ein Chinese spricht nicht nur Chinesisch, er sagt auch etwas.'"

Es ginge also nicht "primär um Stil. Es geht um das, was man ausdrücken will. Wenn der jeweilige Musiker die Emotionen nicht selber fühlt, kann er sie auch nicht mitteilen."

Das gilt wohl auch für die Musik ihres verstorbenen Mannes, des Avantgardisten Luigi Nono, den sie 1954 in Hamburg bei Schönbergs Moses und Aron kennengelernt hat. Es war ihr erster Besuch in Europa nach dem Krieg.

Was Heimat für Vater Schönberg bedeutet hat? Das stellt auch die Tochter vor ein Rätsel. "Er war so in der Gegenwart und in der Zukunft mit seinem Denken, ich habe nie Wehmut gehört. Natürlich waren wir Kinder, er hat uns nicht mit den traurigen Sachen belastet ..." (Ljubiša Tošić, 4.5.2018)