Schon früh entscheidet sich, ob junge Frauen technische und naturwissenschaftliche Ausbildungen als möglichen Ausbildungsweg einschlagen möchten.

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Martina Friedl, Chemikerin und Unternehmensberaterin.

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Es wird insgesamt wieder schwieriger, Mädchen für technische Lehrberufe zu begeistern. Für eine Erhebung zu Chancen für Frauen in Technik und Naturwissenschaften und zu Hindernissen, die sich ihnen in diesen Bereichen stellen, wurden Diversity- und Personalverantwortliche international tätiger Unternehmen im Auftrag der Arbeiterkammer Wien interviewt.

Neben dem schwierigeren Umfeld fiel bei den Interviews auch der Satz: "Es gibt eine Ablehnung des Themas Feminismus. Junge Frauen sind gegen Quoten und wollen nicht gefördert werden."

Ein einheitlicher Trend lasse sich daraus zwar nicht ableiten, sagt Martina Friedl, promovierte Chemikerin, Unternehmensberaterin und Coach. Sehr gut ablesbar wäre allerdings, welchen Herausforderungen sich Unternehmen stellen müssen. Denn bei den meisten der für die Erhebung befragten Unternehmen wurden bereits Initiativen für mehr Frauen im technischen Bereich gesetzt. "Doch an dem Thema muss man ewig dranbleiben, sonst verpufft der Erfolg sehr schnell wieder", sagt Friedl.

Auf kleine Dinge achten

Unternehmen würden vieles initiieren, um mehr Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Damit technische Berufe gerade für junge Mütter auch langfristig interessant bleiben, gibt es aber noch Handlungsbedarf. "Als Führungskraft muss man hier auch auf kleine Dinge achten." Teammeetings nicht am Abend ansetzen, gegen Alltagssexismus auftreten und ein aktives Karenzmanagement, nennt Friedl mögliche Ansatzpunkte, damit sich Frauen, auch während oder nach der Babypause als Teil des Teams fühlen.

Auch sie bekomme bei ihrer Tätigkeit als Coach häufig von jungen Frauen zu hören, dass Frauenförderung etwas für ihre Mütter sei und sie selbst es nicht brauchen würden. Und die Bildungsstatistik spricht für diese Annahmen. Denn Frauen haben Männer beim Bildungsniveau bereits überholt, machen häufiger Matura und studieren auch öfter.

"Trotzdem ist das Spiel nicht für alle gleich und Leistung leider nicht alles." Für den beruflichen Erfolg und das Weiterkommen gebe es eben auch andere Faktoren, ergänzt Friedl.

Noch viel zu tun

Viele Unternehmen beklagen auch, dass der Frauenanteil sich trotz vieler Maßnahmen im Unternehmen nur sehr langsam erhöht. Vorurteile müssen auf verschiedenen Ebenen abgebaut werden.

Denn schon sehr früh entscheidet sich, ob junge Frauen technische und naturwissenschaftliche Ausbildungen als möglichen Ausbildungsweg einschlagen möchten. "Technik ist Männersache" sei aber noch immer ein weitverbreitetes Vorurteil. Allerdings kann bereits im Kindergarten die Faszination für Technik geweckt werden.

Doch auch hier gibt es noch viel zu tun. Denn obwohl es auch im Bildungsbereich bereits viele Projekte und Initiativen gibt, um mehr Mädchen für Technik und Naturwissenschaften zu begeistern, wird in der aktuellen Hochschulprognose der Statistik Austria davon ausgegangen, dass sich bei der Studienwahl wenig ändern wird und der Frauenanteil in naturwissenschaftlichen Studienrichtungen bis zum Jahr 2035 kaum steigen wird. Für Friedl ist diese Prognose wenig überraschend, denn die klassischen Rollenbilder seien wieder im Vormarsch.

Eher überraschend war für sie, dass es auch von den mittelständischen Unternehmen ein klares Commitment zur Erhöhung des Frauenanteils im Betrieb gibt und nach Ideen gesucht werde.

Viel Potenzial liegt für sie in der Formulierung der Stellenausschreibungen. Denn Frauen und Männer würden unterschiedlich auf die optische und sprachliche Gestaltung reagieren.

Wenn Frauen dann im Unternehmen sind, gehe es darum, eine Kultur zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen können und Frauen sich als gleichberechtigte und gleichwertige Mitarbeiter fühlen. Familienfreundliche Arbeitszeiten und die ausdrückliche Unterstützung von Väterkarenz sind weitere Möglichkeiten.

Eine geschickte Kombination aus allem ist für Friedl am erfolgversprechendsten. Dass es gelingen kann, zeigt die Pharmabranche. Besonders im Bereich der Biochemie und der Life-Sciences macht der Frauenanteil bereits die Hälfte aus.

Druck erhöhen

Doch auch wenn sich viele Unternehmen um dieses Thema kümmern, gibt es selten verbindliche Ziele zur Frauenförderung. "Solange es keine quantitativen Ziele und keinen Druck von oben gibt, bleibt es lahm, und nur kleine Erfolge können so erzielt werden", sagt Friedl. "Für große Schritte braucht es den Druck auch von öffentlicher Stelle." (Gudrun Ostermann, 5.5.2018)