Wien/Stockholm – Für Sigrid Löffler ist "das Wichtigste, dass der Literaturnobelpreis jetzt seine Glaubwürdigkeit wiedergewinnt – durch neue Mitglieder, durch neue Statuten, durch eine neue Vorgangsweise". Das sagte die österreichische Literaturkritikerin am Freitag im Interview mit dem Ö1-Mittagsjournal. Am Vormittag hatte die Schwedische Akademie die Aussetzung des Preises für heuer bekanntgegeben.

Die jüngste Affäre sei "in erster Linie schlimm für Schweden, weil ja der Literaturnobelpreis einer der Leuchttürme der schwedischen Kultur ist". Die Aussetzung ist für die Publizistin "ein sehr schlimmes Zeichen einer ganz tief gehenden Krise", für die #Metoo und Grabscherei-Vorwürfe nur Auslöser gewesen seien: "In Wahrheit reichen die Probleme viel tiefer. Es geht darum, dass die Verschwiegenheit des Komitees seit Jahren durchbrochen wurde." Es habe alle möglichen Missbräuche und Korruptionen gegeben, "was auch daran liegt, dass sie überprivilegiert und nicht kontrolliert sind".

"So eine Jury kann nicht funktionieren"

Das Hauptproblem sei, dass die Mitglieder auf Lebenszeit bestellt seien und nicht zurücktreten könnten: "So eine Jury kann nicht funktionieren." Eine Jury müsse sich regelmäßig durch Neuzugänge erfrischen und ihre Mitgliedschaft befristen. "Ich glaube, das hat man in Schweden mittlerweile erkannt."

Gleichwohl habe der Preis "eine große Dignität. Das sieht man daran, dass die ganze Welt sich aufregt, wenn er einmal nicht vergeben wird. Er muss reformiert werden, mit neuen Mitgliedern, denn mit dieser Rumpf-Akademie kann man nicht mehr weiterarbeiten", so Löffler gegenüber Ö1. (APA, 4.5.2018)