Die Polizei hatte am Wochenende in Moskau Lage und Demonstranten fest im Griff.

Foto: AFP / Maxim Zmeyev

Zwei Tage vor dem offiziellen Beginn der vierten Amtszeit Wladimir Putins als russischer Präsident hatte der Oppositionelle Alexej Nawalny zu landesweiten Protesten gegen den Kremlchef aufgerufen. Unter dem Motto "Er ist nicht unser Zar" fanden sich in rund 90 Städten Demonstranten zusammen. Die größten Veranstaltungen gab es traditionell in Moskau und St. Petersburg.

Vor allem junge Menschen folgten dem Aufruf Nawalnys. In der Hauptstadt Moskau waren es nach Einschätzung der Tageszeitung Kommersant rund 10.000 Demonstranten, während die Polizei die Menge dort auf nur 1.500 Personen taxierte. Die in jedemFall verhältnismäßig geringe Zahl der Demonstranten ist auch auf die anhaltende Zersplitterung der russischen Opposition zurückzuführen. So beteiligten sich weder die sozialliberale Jabloko-Partei, noch die neue "Partei der Veränderungen" um Xenia Sobtschak und Dmitri Gudkow an den Kundgebungen.

Die Obrigkeit hingegen – gewarnt durch das Beispiel Armeniens – hatte eine enorme Anzahl an Sicherheitskräften aufgefahren, um mögliche Unmutsbekundungen im Keim zu ersticken. Neben der Polizei waren Männer in Kosakenuniform im Einsatz. Kosaken – eigentlich Folklore – treten immer wieder als Hilfspolizisten auf. In Moskau gingen sie hart gegen die Menge vor. Selbst der Korrespondent der regierungstreuen Boulevardzeitung Komsomolskaja Prawda bekam im Eifer des Gefechts einen Peitschenhieb übergezogen. Auch die Polizei setzte Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein.

ORF

Unmut über Einsatz der Kosaken

Kritik am harten Vorgehen der Behörden gab es nicht nur von der EU, sondern auch aus dem Menschenrechtsrat des russischen Präsidenten. Speziell der Einsatz der Kosaken rief dort Unmut hervor. Kremlsprecher Dmitri Peskow hingegen kommentierte die Vorfälle nicht.

Nawalny wurde gleich nach seinem Eintreffen auf dem für die Protestaktion zentralen Puschkin-Platz abgeführt. Nach Angaben der Bürgerrechtsseite OWD-Info nahm die Polizei russlandweit rund 1.600 Personen fest, die meisten davon in Moskau und St. Petersburg. Betroffen sind auch viele Minderjährige. Immerhin: Etwa 80 Prozent der Festgenommen wurden innerhalb eines Tages wieder auf freien Fuß gesetzt.

Auch Nawalny kam nach mehreren Stunden vorläufig frei, allerdings muss er sich am 11. Mai – vier Tage nach den Inaugurationsfeiern im Kreml – vor Gericht wegen der Organisation einer ungenehmigten Kundgebung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten. Als Wiederholungstäter droht dem Oppositionellen eine empfindliche Strafe.

Vor sechs Jahren bei der Rückkehr Putins in den Kreml war es zu deutlich stärkeren Protesten und Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Dutzende Demonstranten wurden anschließend zu Haftstrafen verurteilt. Die Proteste waren zudem der Anlass für eine massive Verschärfung des Demonstrationsrechts in Russland und die zunehmende Gängelung von Opposition, freien Medien und NGOs. (6.5.2018)