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Ministerpräsident Saad al-Hariri kann trotz Verlusten mit einer weiteren Amtszeit rechnen.

Foto: Reuters/MOHAMED AZAKIR

Beirut – Neun Jahre ist es her, dass im Libanon die Menschen ein Parlament wählten. Am Sonntag war es wieder so weit. 49,2 Prozent machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch – etwa fünf Prozent weniger als vor neun Jahren. Erste Prognosen zeigen, dass eine Mehrheit für die radikalislamische Hisbollah-Miliz und ihre Verbündeten gestimmt hat. Die USA stufen die Organisation als Terrorgruppe ein.

Das Lager um die vom Iran unterstützte Schiiten-Organisation legte nach Angaben von Medien und Politikern vom Montag auf mindestens 67 der 128 Sitze zu. Dazu gehört auch die christliche Freie Patriotische Bewegung von Präsident Michel Aoun.

Stärkste Einzelfraktion dürfte trotz Verlusten die sunnitische Zukunftsbewegung von Ministerpräsident Saad al-Hariri bleiben, der damit nach dem komplizierten Wahlrecht auf eine weitere Amtszeit zusteuert. Die christliche Partei Libanesische Kräfte kann als Hisbollah-Gegnerin ihre Sitze wohl von acht auf 15 fast verdoppeln.

Israel: "Libanon = Hisbollah"

Die starken Zugewinne der Hisbollah zeigen, wie der Iran immer mehr Einfluss im Nahen Osten gewinnt – nicht nur im Irak und in Syrien, sondern auch im Libanon. Der israelische Sicherheitsminister Naftali Bennett kommentierte die vorläufigen Ergebnisse am Montag auf Twitter mit "Libanon = Hisbollah". Israel werde in Zukunft nicht zwischen dem Libanon und der Hisbollah unterscheiden.

Oberste Ämter nach Religion vergeben

Der Libanon gilt wegen seiner Mischung von Volksgruppen und Religionen, der Einflussnahme anderer Staaten und der großen Zahl an Flüchtlingen im Land als instabil. Die obersten Ämter sind an bestimmte Religionszugehörigkeiten gebunden: Der Präsident muss maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Die 128 Sitze im Parlament sind ebenfalls auf die religiösen Gemeinschaften aufgeteilt.

Größere politische Veränderungen wurden von der Wahl nicht erwartet. Allerdings könnten die zügige Bildung einer neuen Regierung und anschließende Reformen für neue Investitionen im Land sorgen und damit die Wirtschaft stabilisieren. (APA, red, 7.5.2018)