Für den Wiener Standort der Siemens-Kraftwerkssparte sind bisher 200 Stellenstreichungen angekündigt.

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München – Siemens schickt zehntausende Mitarbeiter seiner schwächelnden Kraftwerkssparte nach Pfingsten eine Woche lang in den Zwangsurlaub. "Vor dem Hintergrund des anhaltenden beispiellosen Markteinbruchs im Bereich der Stromerzeugung hat die Division Power and Gas (PG) zeitlich befristete Betriebsschließungen angekündigt", sagte ein Siemens-Sprecher am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

In Wien, wo es Projektmanagement für Kraftwerke gibt, werde es aber ausschließlich einvernehmliche Urlaube geben, teilte ein Sprecher auf APA-Anfrage mit. Eine genaue Zahl stehe wegen laufender Gespräche nicht fest.

Wie die Schließungen an den einzelnen Standorten umgesetzt werden, werde noch mit den Betriebsräten verhandelt. Grundsätzlich soll aber die Arbeit an allen Standorten ruhen. Der deutsche Industriekonzern beschäftigt in der Sparte rund 30.000 Mitarbeiter. Auch Wien ist ein Standort, hier sind bisher 200 Stellenstreichungen angekündigt.

Kosten senken

Mit der Zwangspause will Siemens die Kosten der Sparte senken, die vor einem massiven Stellenabbau steht. Auch bei Reisekosten, Sponsoring, Messen und Investitionen solle gespart werden, sagte der Sprecher. "Es geht darum, an allen Schrauben zu drehen." Im ersten Quartal 2017/18 (Oktober bis Dezember) hatte sich der Gewinn in der Sparte fast halbiert. Für das zweite Quartal sagen Analysten einen Rückgang um 62 Prozent und einen Umsatzeinbruch um fast ein Viertel voraus. Siemens legt am Mittwoch Zahlen vor. Ein Weg, um die geplante Streichung von mehr als 6.000 Stellen in der Sparte zu verhindern oder zu reduzieren, seien die Sparmaßnahmen nicht, sagte der Sprecher.

Wie dramatisch die Lage in der Produktion großer Turbinen für Gas- und Dampfkraftwerke wirklich ist, ist umstritten. Siemens-Chef Joe Kaeser verweist darauf, dass die Nachfrage wegen des Vormarschs der erneuerbaren Energien bald auf gut 100 pro Jahr zurückgehen werde, während die großen Hersteller die vierfache Kapazität vorhielten. Gleichzeitig leisteten viele Beschäftigte noch Überstunden. Siemens saß Ende des vergangenen Jahres auf Kraftwerksaufträgen von fast 40 Milliarden Euro.

Dringender Stellenabbau

"Siemens will uns damit nur zeigen, wie schlimm und dringend der Abbau ist", sagte ein hochrangiger Arbeitnehmervertreter mit Blick auf die Schließungspläne. Siemens, Betriebsräte und IG Metall feilschen derzeit um die Aufnahme formaler Verhandlungen über den Stellenabbau. Die Zeit drängt, Personalchefin Janina Kugel will spätestens im September ein Ergebnis sehen. Erstmals seit Jahren drohen dabei betriebsbedingte Kündigungen. Besonders umstritten sind die Pläne zur Schließung der ostdeutschen Werke in Görlitz, Leipzig und voraussichtlich auch in Erfurt. Die IG Metall wollte sich am Montag nicht zum Verlauf der Sondierungsgespräche äußern. (APA, 7.5.2018)