"Battletech"
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Das US-amerikanische Indie-Studio Harebrained Schemes hat ein gutes Händchen für die Wiederbelebung leicht angestaubter Popkultur-Schätze: Vor wenigen Jahren hat man mit "Shadowrun Returns" und den Nachfolgern das unvergessene Cyberpunk-Fantasy-Universum zu neuem Leben erweckt und damit Fans und Neueinsteiger überzeugt, nun ist ein weiteres, fast noch fanatischer verehrtes Spiele-Urgestein an der Reihe: Mit "BattleTech"(Windows, Mac, 39,99 Euro) gibt es endlich eine Rückkehr in die ikonische Science-Fiction-Welt des taktischen Tabletop-Games aus dem fernen Jahr 1984.

Dass Harebrained Schemes ausgerechnet diese beiden alten Fan-Favorites ausgräbt, ist kein Zufall: Jordan Weisman höchstpersönlich ist nicht nur der Gründer des Indiestudios, sondern auch der Schöpfer sowohl des Original-"Shadowrun"-Pen&Paper-Rollenspiels als auch des "BattleTech"-Tabletop-Strategiespiels – ein Urgestein der Spieleszene ganz abseits vom Computer. Sein bei Fans unvergessener Ruhm hat auch dazu geführt, dass sowohl die Videospiel-Neuauflagen von "Shadowrun" wie auch nun von "BattleTech" erfolgreich per Kickstarter finanziert werden konnten: 41.733 Unterstützer pulverisierten das angefragte Finanzierungsziel von 250.000 Dollar und streckten 2,7 Millionen Dollar vor, um endlich wieder ein taktisches "BattleTech" in die Hände zu bekommen. Es ist vollbracht – und nicht nur die Fans haben Grund, sich zu freuen.

"Battletech" im Trailer.
HarebrainedSchemes

Im Kampfkoloss

Sowohl das letzte offizielle "BattleTech"-Spiel "Mechwarrior 4: Mercenaries" aus dem Jahr 2002 als auch das Free2Play-Spiel "Mechwarrior Online" boten die actionlastige Simulation der ikonischen, Mechs genannten Kampfroboter, um die sich in der von jahrhundertelangem Krieg zermürbten Science-Fiction-Welt von "BattleTech" alles dreht. Doch das nun veröffentlichte Spiel geht noch weiter zu den Wurzeln zurück: Wie im mit Miniaturen auf Hexfeldpapier gespielten Original findet in "BattleTech" der Kampf der tonnenschweren Maschinen nicht in hektischer Echtzeit, sondern rundenweise und höchst taktisch statt.

Als Anführer einer Kompanie von Söldnern ist es die Aufgabe der Spielerinnen und Spieler, mit einer Einheit von vier waffenstarrenden Mechs unterschiedlichste Einsätze zu absolvieren. Eine Vielzahl von kleineren Missionen sorgt für Cashflow und Erfahrungssammeln, die spannende Kampagne wird durch spezielle Storymissionen vorangetrieben. Basislager ist dabei das Raumschiff, das die Kompanie durch die riesige Galaxis zu Einsätzen auf Planeten und Monden trägt. Die Besatzung ist klein: Neben drei weiteren Offizieren sind nur eine Handvoll frei anheuerbarer Mech-Piloten mit an Bord. Diese unterscheiden sich fast ebensosehr wie die verschiedenen Mechs, die es vom mickrigen Zwanzigtonner bis zum gewaltigen, über 100 Tonnen schweren Assault-Mech gibt.

Geld regiert die Mech-Welt

Sowohl Roboter als auch Piloten lassen sich spezialisieren: Letztere können sich durch XP-Vergabe bis zu drei Spezialfähigkeiten freischalten, bei den Mechs hingegen lädt eine Vielzahl an möglichen Waffenkombinationen zum Experimentieren ein. Allzu große Sprünge kann man sich allerdings vor allem zu Beginn des Spiels nicht leisten: Nicht nur stärkere Mechs und durchschlagskräftige Waffen kosten Geld, sondern auch die Erhaltung des Schiffes, Sold für Crew und Mech-Piloten sowie lästige Kreditrückzahlungsraten knabbern am Gewinn.

Daneben ist auch Zeit eine relevante Ressource: Beschädigte Mechs und verwundete Piloten fallen im schlimmsten Fall lange Wochen aus und auch Umbauten an den Robotern brauchen je nach Größe empfindlich lange. Pünktlich am Ende jeden Monats gilt es, seine Außenstände zu begleichen; weil aber auch die Reisen von Auftrag zu Auftrag bis zu mehrere Wochen dauern können, ist kluges Abwägen auch in diesem Teilaspekt gefragt.

Der Verwaltungsaspekt außerhalb der taktischen Einsätze erinnert darin ein wenig an jenen der "XCOM"-Reihe, und auch das Gameplay in den Schlachten selbst ist dieser zumindest entfernt verwandt. Mit dem Unterschied, dass sich die wählbaren Einheiten in Größe und Anwendungsgebiet gewaltig unterscheiden: Die größten stampfenden Festungen haben ganze Batterien unterschiedlichster Waffen und tonnenweise Rüstung an Bord, Mittelklasse-Mechs spezialisieren sich darauf, Feinde durch Überhitzung oder im Nahkampf zu erledigen und kleine Sprinter kundschaften die Gegner aus und markieren sie für Raketenangriffe. Abwechselnd und rundenweise zieht man so sein stets maximal vierköpfiges Team über unterschiedlichstes Terrain, achtet auf Deckung durch Bäume oder Felsen und nutzt Höhenunterschiede und Topografie zu seinen Gunsten. Wer das Tabletop-Spiel kennt, findet in "BattleTech" die bislang treueste Umsetzung des Taktikklassikers.

Gameplay zu "Battletech".
HarebrainedSchemes

Kolosse sind eben langsam

Die taktischen Schlachten entwickeln schnell einen Sog, den man von anderen Rundentaktikspielen – eben der "XCOM"-Reihe, aber auch dem großartigen "Battle Brothers" – kennt: Zug um Zug tüftelt man an möglichen Angriffsvektoren, freut sich über gelungene Manöver und lädt fluchend den vorigen Spielstand, wenn eines in die Hose gegangen ist. Geduld ist dabei allerdings in mehr als einer Hinsicht gefragt: Ganz allgemein quält das Spiel sein Publikum mit teils enorm lästigen Ladezeiten, und auch die Inszenierung der rundenweisen Kämpfe zerrt nach einigen Stunden an den Nerven. Dass sich sowohl Bewegungs- als auch Kampf- und sonstige Animationen nicht beschleunigen lassen, gibt einem oftmals das Gefühl, es nicht nur bei seinen Robotern mit einem tonnenschweren trägen Gerät zu tun zu haben.

Die Entwickler haben bereits versprochen, diesbezüglich per Update nachzubessern – und auch an der auf manchen Systemen offensichtlich mangelhaften Stabilität sowie allgemeinen Ladezeitverkürzungen arbeiten zu wollen. An der grundlegenden Ausrichtung von "BattleTech" wird dadurch aber wohl – zum Glück – nicht gerüttelt: Dies ist kein Spiel für Freunde rasanter Materialschlachten, sondern ein Fest für geduldige Taktiker, experimentierfreudige Mech-Konfigurationstüftler und all jene, die zu ihren Spielfiguren – in dem Fall: Mechs und Piloten – fürsorgliche Beziehungen aufbauen können und wollen. Dass das minimalistische Tutorial vor allem komplexere Spielsysteme nicht einmal ansatzweise erklärt, sollte aber an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

Fazit

Bestehende Fans der "BattleTech"-Franchise, sei es als Brettspiel, Roman oder der Videospiel-Vorgänger, können mit dem Griff zu dieser Inkarnation des Mech-Kriegs absolut nichts falsch machen – sorgsamer kann mit dem kultisch verehrten Ausgangsmaterial nicht umgegangen werden. Aber auch Neuankömmlingen wird sich durch "BattleTech" der Reiz dieser Welt erschließen, wenn sie die anfängliche Lernkurve meistern und sich auf das oft behäbige Tempo und die Verbindung taktischen Gameplays mit haarigem Ressourcenmanagement einlassen können.

Spiele, in denen man riesige Kampfroboter steuert, gibt und gab es schon viele. "BattleTech" stellt allerdings durch seinen ganz speziellen Charakter unter Beweis, dass sein Name nicht umsonst einen ganz speziellen Platz im Genre der Mecha-Popkultur innehat. "BattleTech" ist, wie seine stählernen Protagonisten, ein Schwergewicht mit Durchschlagskraft. Besondere Wendigkeit ist hingegen nicht zu erwarten. Egal: Die Mechs sind zurück. Endlich. (Rainer Sigl, 10.05.2018)