Im vergangenen Jahr bekamen wir mit einem Schlag einen neuen Verwandten dazu. Kannte man bis dahin sieben lebende Hominiden-Arten, waren es nun plötzlich acht: Der Mensch, der Gemeine Schimpanse, der Bonobo, zwei Gorilla-Spezies und neben den zwei bereits bekannten Orang-Utan-Arten nun auch eine dritte: der Tapanuli-Orang-Utan.

Pongo tapanuliensis, der Tapanuli-Orang-Utan.
Foto: Maxime Aliaga

Ursprünglich wurde die Art, die in einem Waldgebiet in der Tapanuli-Region südlich des Tobasees auf der Insel Sumatra lebt, dem Sumatra-Orang-Utan zugerechnet. Ende 2017 gelang einem internationalen Team um Michael Krützen von der Universität Zürich nach langen Untersuchungen schließlich der Nachweis, dass es sich dabei um eine eigene Spezies handelt, die den Namen Pongo tapanuliensis erhielt.

Noch 800 Tiere

Schnell war klar, dass die Tiere stark bedroht sind, nur rund 800 Exemplare wurden gezählt. Nun berichtet eine andere Forschergruppe im Fachblatt "Current Biology", dass der Tapanuli-Orang-Utan bereits kurz vor dem Ende steht: Die Tiere geraten in ihrem eng begrenzten Lebensraum immer stärker unter Druck. Mega-Bauprojekte, Entwaldung und Wilderei seien das Hauptproblem. "Ihr gesamter Lebensraum ist einfach unglaublich klein", sagt Koautor Sean Sloan von der australischen James Cook University.

Ihr begrenztes Habitat wird für die Menschenaffen zur Falle.
Foto: Maxime Aliaga

Gefahr durch Staudamm

Vor allem ein Großprojekt bereitet den Biologen sorgen: der geplante Staudamm in der Schlucht des Batang-Toru-Flusses. Das Milliardenprojekt würde den Lebensraum der Tapanuli-Orang-Utans unmittelbar betreffen und den Regenwald weiter fragmentieren. "Kommt es zur Umsetzung, werden wichtige Teile des Orang-Utan-Habitats überflutet, während der verbleibende Lebensraum von neuen Straßen und Leitungen zerteilt wird", sagt Jatna Supriatna von der Universität Indonesia. Schon eine Sterblichkeitsrate von einem Prozent pro Jahr wäre kritisch für den Fortbestand der Art.

Forscher sehen dringenden Handlungsbedarf, um das Überleben der Tiere zu sichern.
Foto: Maxime Aliaga

Die Forscher fordern die Politik dazu auf, mehr Verantwortung für die Menschenaffen zu übernehmen: Die bisherigen Bekenntnisse seien zu wenig, ohne sofortige Schutzmaßnahmen habe der Tapanuli-Orang-Utan keine Chance. Supriatna: "Sie könnten direkt vor unseren Augen aussterben." (red, 7.5.2018)