Keine an die Budgets der Vereine gekoppelte Legionärsbeschränkung mehr in der ABL: Für Michael Schrittwieser, Sportdirektor des österreichischen Basketballs (ÖBV), ein Schlag ins Gesicht.

Foto: APA/Scheriau

In der Bundesliga ist Kapfenberg finanzstark, dahinter klafft ein Loch.

Foto: APA

Wien – "Das ist sehr bitter", sagt Michael Schrittwieser zum STANDARD und "geht auf Kosten der österreichischen Spieler und des Nationalteams". Im österreichischen Basketball wird wieder einmal gestritten. Grund ist eine Klage des UBSC Graz gegen die budgetabhängige Legionärsbeschränkung der Basketball-Bundesliga (ABL). So dürfen Kapfenberg und Gmunden fünf Legionäre, alle anderen Teams um bis zu drei weniger einsetzen. Der abgeschlagene Tabellenletzte Graz begann die Saison mit zwei Legionären, ehe ein dritter genehmigt wurde. Allerdings mit einer Einschränkung: Der Spieler muss EU-Bürger und unter 24 Jahre alt sein. Was EU-rechtswidrig ist, aber per Gentlemen's Agreement zu Saisonbeginn von einer knappen Mehrheit der Vereine beschlossen wurde. Graz zog Anfang Mai gegen die ABL vor Gericht und gewann.

Es folgte ein Vergleich mit weitreichenden Folgen: Die Steirer steigen damit nicht ab (die Alternative wäre eine Neuaustragung der Meisterschaft gewesen), es gibt keine Relegation, dafür nächste Saison eine Zehner- statt wie geplant eine Achterliga. Und die an die Budgets der Vereine gekoppelte Legionärsbeschränkung fällt. Die DC Timberwolves aus Wien steigen aus der zweiten Liga auf. Die ABL hat damit kein mit EU-Recht in Einklang stehendes Lizenzstatut. Das soll bis Anfang Juli ausgearbeitet werden.

Deutsches Vorbild

"Die Liga hat alles richtig gemacht", sagt ABL-Präsident Karl Schweitzer, "jetzt trifft uns diese Goodwill-Aktion wie ein Boomerang". Der ehemalige FPÖ-Sport-Staatssekretär wurde für das Vorgehen der Liga heftig kritisiert, ein Misstrauensantrag seitens der Vereine soll im Raum gestanden sein.

Laut Michael Schrittwieser, Sportdirektor des österreichischen Basketballverbandes (ÖBV), hätte "das alte Lizenzstatut in der nächsten Saison Anstellungen für 30 österreichische Spieler gebracht. Dieser Plan ist gestorben."

Schrittwieser verweist auf die deutsche Liga (BBL), wo dank einer 6+6 Regel in jeder Mannschaft neben sechs Legionären auch sechs deutsche Spieler stehen müssen. "Eine Vereinbarung, die ebenfalls EU-rechtswidrig ist, trotzdem halten sich die Vereine an das Gentlemen's Agreement. Und dort geht es um andere Summen als in der ABL."

Unter den derzeitigen Bedingungen bleibt die ABL eine semi-professionelle Liga, der es an einem nationalen Schulterschluss mangelt. "Das Ziel wäre eine Liga mit wenigen, dafür starken Legionären und einem breiten heimischen Spielerpool."

Rasid Mahalbasic, Nationalteamspieler in Diensten von Oldenburg (BBL), beschreibt das Dilemma für das Nationalteam, das in der Vergangenheit mehrmals knapp an einer Qualifikation für eine Europameisterschaft scheiterte. "Der Kern der Mannschaft ist seit fünf Jahren der selbe, es kommt zu wenig nach. Unsere einzige Hoffnung, Basketball zu pushen ist eine erfolgreiche Bewerbung für eine EM-Vorrunde in Wien."

Österreicher-Quote contra EU-Recht

Ein von der Liga als Alternative angeregter Österreicher-Topf wie im Fußball, wo Vereine für Einsatzminuten österreichischer Spieler belohnt werden, ist für Schrittwieser kein Ersatz für ein durchdachtes Konzept. "Österreicher-Quoten im Sport geraten immer mit geltendem EU-Recht in Konflikt. Es könnte uns aber niemand daran hindern, heimische Spieler zu fördern und Legionäre uninteressanter zu machen. Wenn es nur von allen Vereinen gewollt wäre."

Christoph Kaufmann, niederösterreichischer Landtagsabgeordneter (ÖVP) und Präsidiumsmitglied der ABL, sieht in der Finanzierung der Liga das drängendste Problem. "Wenn acht von zehn Vereinen den Betrieb nicht mehr derheben, dann läuten die Alarmglocken. Die Kluft zwischen Kapfenberg, Gmunden und dem Rest der Liga wird immer größer." Den wirtschaftlichen Vergleich mit der BBL kann sich die ABL laut Kaufmann "abschminken", dazu fehle in Österreich der Stellenwert des Sports.

Quo vadis

Schrittwieser arbeitet seit über 30 Jahren im österreichischen Basketball und bleibt Optimist, "das Pferd von Don Quijote reitet auch immer weiter". Nach der abgesagten Ligareform ohne Absteiger ist vor dem Zittern um die Lizenzen. Jeder ABL-Klub braucht zwei hauptamtliche Trainer, einen in der Bundesliga und einen im Nachwuchs. Die Vision für den österreichischen Basketball skizziert Schrittwieser so: "Jakob Pöltl spielt gemeinsam mit vielen starken ÖBV-Legionären eine Heim-EM in Wien, es gibt sechs bis acht erfolgreiche Schulmodelle, dazu 30 bis 35 österreichische Spieler in der ABL und 30 Posten für Trainer in den Klubs. Bevor wir dorthin kommen, braucht es aber einen nationalen Schulterschluss der Vereine."

Alles Schall und Rauch ohne Legionärsbeschränkung. Klubs könnten zukünftig theoretisch auch zehn Deutsche oder Slowenen auflaufen lassen. Sollte die Liga mit billigen EU-Ausländern überflutet werden, müssen Liga und Verband gemeinsam reagieren. "Slowenien ist schon Europameister. Wir nicht." (Florian Vetter, 17.5.2018)