Fahrradkonstrukteur Florian Hipp mit einem seiner Werke.

Foto: Lena Filleböck Fotografie

Aus dem Fortbewegungsmittel ist ein Lifestyle-Accessoire geworden.

Foto: Lena Filleböck Fotografie

Innsbruck/Füssen – Gepflegter Vollbart, spektakuläre Tätowierungen und ein Outfit, mit dem er auf jedem Laufsteg der Welt mithalten kann: In der Werkstatt des Allgäuers Florian Hipp ist der Name Programm. Der 32-Jährige könnte im Lexikon als Symbolfoto neben dem Begriff Hipster abgebildet sein. Um das trendige Bild abzurunden, baut Feinmechaniker Hipp in seiner exklusiven Manufaktur Starrgang in Füssen Fixie-Räder – die radltechnische Verbindung aus Nostalgie und Moderne. Denn mit Fixies – also Fahrrädern mit Starrgangnabe, bei denen sich die Kurbeln drehen, sobald sich die Räder bewegen – hat einst alles begonnen.

Heute ist aus dem Fortbewegungsmittel Fahrrad ein Statussymbol für Weltverbesserer, ein Accessoire für Hipster oder ein Werkzeug für Selbstoptimierer geworden. Die Verwendungszwecke sind mannigfaltig. Allein der ureigenste Sinn des Velozipeds, die Mobilität, scheint nur sehr langsam wieder ins Bewusstsein zurückzukehren.

Am Anfang war die Mobilität

Dabei wurde es doch einst genau dafür erfunden. Als Karl Freiherr von Drais am 12. Juni 1817 die Jungfernfahrt mit der von ihm entwickelten Draisine – auch das gleichnamige zweispurige Schienenfahrzeug geht übrigens auf ihn als Erfinder zurück – unternahm, war der Fortbewegungszweck auf dieser Vorform des Fahrrads noch Hauptmotiv hinter der Innovation.

Den endgültigen Durchbruch des Fahrrads markiert die britische Entwicklung des Diamantrahmens, so genannt, weil die Geometrie der eines Rhombus entspricht, in Kombination mit einem Kettenantrieb, der die Kurbel mit dem Hinterrad verband. Das Urradl war somit ein Fixie, Freilauf und Gangschaltung sollten erst viel später folgen.

Und dann kam die Mode

Doch hier schließt sich der Kreis zum Heute. Die Grundtechnik blieb dieselbe, nur der Kontext ist ein gänzlich anderer, wie der Blick nach Füssen, direkt hinter der österreichischen Grenze, zeigt. In Hipps Radmanufaktur bestellen Trendbewusste kein schnödes Transportmittel. "Ich habe schon Räder gebaut, die sich die Kunden einfach nur ins Wohnzimmer hängen. Die wollen gar nicht damit fahren", erzählt der Konstrukteur. Bei einem Durchschnittspreis von 1.700 Euro – mit hochwertigen Komponenten und Edelstahlrahmen belaufen sich die Kosten auch schnell auf bis zu 3.000 Euro – kein billiges Interieur. Alternativ zum Neurad bietet der Allgäuer auch das Restaurieren alter Rahmen an.

Dabei ist Hipps ursprüngliche Idee, Fahrräder zu bauen, die zur Mobilität genutzt werden. Seine Starrgang-Manufaktur entstand aus der schieren Not, dass er kein Auto mehr besaß und fortan in die Arbeit radelte. Fahrradkonstrukteur Hipp ist sich sicher, dass die Zukunft wieder dem Radl gehört. Auch wenn er anmerkt, dass die Liebe zum Radfahren eine Frage des Einkommens und der sozialen Schicht ist: "Den Hartz-IV-Empfänger werde ich damit kaum erreichen, der hat andere Sorgen." Er selbst kann nicht allein vom Fixiebauen leben und verdingt sich nebenbei als Barkeeper und Teilzeit-Hipster-Model.

Nachhaltig und beständig, das Fixie

Radeln passe eben gut zum nachhaltigen, bewussten Lebensstil, der gerade Trend sei, erklärt Hipp seine Geschäftsidee. Daher legt er großen Wert darauf, dass er alten Fahrrädern neues Leben einhaucht. Das sei sein Beitrag gegen die Wegwerfgesellschaft. Wobei seine Fixies ohnehin alle Trends überdauern werden, wie er sagt: "Weil sie einfach praktisch und wartungsarm sind." (Steffen Arora, 8.5.2018)