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Lautstark feierten die Anhänger von Hisbollah-Chef Sayyed Hassan Nasrallah das Wahlergebnis.

Foto: Reuters / Aziz Taher

Beirut/Kairo – Trotz des extrem komplizierten Wahlgesetzes im Libanon haben sich die Prognosen bestätigt. Nach vorläufigen Ergebnissen vom Montag kann der vom Iran unterstützte Block unter Fder schiitischen Hisbollah mit einer Mehrheit im Parlament rechnen, das am Sonntag erstmals seit neun Jahren neu bestellt wurde.

Der Wahlgang war von einer schwachen Beteiligung von nur 49,2 Prozent gekennzeichnet. Noch bevor die offiziellen Ergebnisse vorlagen, haben lokale Politiker und Medien errechnet, dass der pro-iranische Block 67 von 128 Mandaten erringen könnte. Vor neun Jahren siegten die pro-saudischen Kräfte mit 71 Sitzen.

In einer ersten Stellungnahme erklärte der bisherige Regierungschef Saad Hariri, er reiche all jenen Kräften die Hand, die für Stabilität im Libanon eintreten. Er wolle die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen annehmen. Trotz der Verschiebung der politischen Kräfte wird die seit dem Ende des Bürgerkrieges etablierte Ämterverteilung bestehen bleiben, danach bilden die wichtigsten politischen Gruppierungen eine Einheitsregierung.

Vorteile für Schiiten

Mit dem neuen Wahlgesetz, über das sich die Parteien über Jahre hinweg gestritten hatten, wurde ein Schritt Richtung proportionale Sitzverteilung gemacht. Damit wurde die Stärke der einzelnen Gruppierungen besser abgebildet, was vor allem den Schiiten zugutekam, die darüber hinaus auf eine sehr treue Wählerbasis zählen können. Während die pro-iranische Allianz intakt blieb, bildeten sich auf der einst pro-saudischen Seite ganz unterschiedliche Konstellationen, die diesen Block praktisch gesprengt haben.

Das neue Verfahren begünstigte aber auch kleinere Listen. Davon profitierten in Beirut zwei Vertreterinnen der Bewegung Kulluna Watani ("Wir sind alle Patrioten"). Bei den Lokalwahlen im Jahr 2016 hatten diese Aktivisten aus der Zivilgesellschaft, die das etablierte System von Familienclans und religiösen Quoten herausfordern, zwar ebenfalls viele Stimmen auf sich vereinen können, scheiterten aber am Mehrheitswahlrecht. Sie hoffen nun, dass mit ihrem Einzug ins Parlament ein erster Schritt gegen die alte Politik der etablierten Eliten gemacht ist und sie sich besser Gehör verschaffen können.

Hisbollah im Zentrum

Der Wahlkampf thematisierte Wirtschaftskrise und Flüchtlinge, stand aber vor allem im Zeichen der Hisbollah, die in den vergangenen Jahren in Syrien militärisch zugunsten des Regimes engagiert war und im Libanon an Einfluss gewonnen hatte. Zu den Siegern dieser Polarisierung gehören mit fast einer Verdoppelung der Sitze auch die rechtsgerichteten Forces Libanaises (LF) von Samir Geagea, dem erbittertsten Gegner der Hisbollah und ihrer bewaffneten Miliz, der einzig aktiven im Libanon.

Auch Premier Hariri als Chef der sunnitischen Zukunftsbewegung hatte seine Kampagne ganz gegen die Gruppierung von Hassan Nasrallah ausgerichtet. Er wird nun zwar weiter die größte Parlamentsgruppe stellen, aber mit einem Drittel weniger Mandaten – das heißt nur noch 21. Hariri hatte mit seinem überraschenden Rücktritt, den er letztes Jahr in Saudi-Arabien angekündigt und dann zurückgenommen hatte, viele Anhänger verprellt und die Partei gespalten. Insbesondere in Beirut – einer der sunnitischen Hochburgen – hat er schlecht abgeschnitten. (Astrid Frefel, 7.5.2018)