Nach dem Rücktritt von Matthias Strolz müssen sich die Neos auf die Suche nach einem Parteichef machen. "Er habe sein Amt zurückgelegt, um eine neue Wachstumsphase der Partei zu ermöglichen", sagte Strolz im Interview mit der ZIB 2.
Auf der Suche nach einer geeignete Person für diese neue Phase der Neos lohnt sich ein Blick auf die Führungsmannschaft hinter Neos-Gründer Strolz. Sechs Personen hat sich DER STANDARD näher angesehen.
Beate Meinl-Reisinger
Im Oktober hatte sich Beate Meinl-Reisinger noch dafür entschieden, dem Wiener Rathaus treu zu bleiben. Sie ist seit 2015 Klubobfrau der Neos. Sie wolle einmal Bürgermeisterin werden, begründete sie ihren Verbleib und den damit einhergehenden Verzicht auf das Nationalratsmandat. Nun gilt sie als Topkandidatin für die Nachfolge von Matthias Strolz als Neos-Parteichefin.
Bei den Gemeinderatswahlen in Wien 2015 hatten die Neos 6,16 Prozent erhalten. Sie fahren seither einen harten Oppositionskurs, etwa beim Krankenhaus Nord. Die Neos fordern auch die Zusammenlegung von Bezirken und die Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte.
Die Wiener Landesgruppe wurde am Montag von Strolz' Rückzug überrascht. Meinl-Reisinger, schon jetzt Vize-Parteichefin, dankte ihrem künftigen Ex-Chef via Aussendung.
Sepp Schellhorn
Selbstdarstellerisches Talent ist nicht nur dem (Ex-)Chef eigen: In Facebook-Clips inszeniert sich Sepp Schellhorn gern als Rebell – etwa, wenn er "schikanöse" Behördenbriefe verbrennt.
20 Jahre war der Seewirt aus Goldegg im Pongau Gemeindepolitiker für die ÖVP, zehn Jahre Chef der Hoteliersvereinigung, ehe er 2013 zu den Neos wechselte. Kampf gegen Bürokratie, Steuern, Kammerzwang sind Leibthemen, doch auch mit Literaturfestivals und einem Asylwerberprojekt fiel der 50-Jährige auf.
Als Spitzenkandidat führte Schellhorn seine Partei nun in den Salzburger Landtag, hat offiziell einen Sitz in der Landesregierung anvisiert – und wird höchstwahrscheinlich doch im Nationalrat bleiben. Als Parteivorsitzender will Schellhorn nicht kandidieren. Im Ö1-Interview erklärte er, "das ist eine Nummer zu steil für mich."
Nikolaus Scherak
Der Jurist gehört mit 31 Jahren zu den Jüngeren im Parlament, sitzt aber bereits die zweite Periode im Nationalrat. Der Verfassungssprecher engagiert sich in Menschenrechtsfragen und wird intern ob seines Wissens über parlamentarische Geschäftsordnungsfragen geschätzt. Zwischen 2010 und 2014 war Scherak Bundesvorsitzender der Junos, des Jugendverbandes der Neos.
Bis Ende 2016 fungierte er auch als Landessprecher in Niederösterreich. Diese Funktion legte er aber schließlich zurück. Einige in der Partei würden ihm auch die Parteiobmannschaft zutrauen. Da der Wunsch nach einer Frau an der Spitze groß ist, werden Scherak aber nur Außenseiterchancen eingeräumt.
Angelika Mlinar
Die gebürtige Kärntnerin Angelika Mlinar ist derzeit die einzige Vertreterin der Neos im EU-Parlament, wo sie der Fraktion der Liberalen (Alde) angehört. Mlinar war die letzte Vorsitzende des Liberalen Forums und spielte auch eine zentrale Rolle bei der Fusion des LIF mit den Neos Anfang 2014.
Ihr guter Draht zu Hans Peter Haselsteiner soll auch ein Mitgrund dafür gewesen sein, dass der Industrielle nach dem LIF auch die Pinken finanziell kräftig unterstützte. Im EU-Wahlkampf 2014 sorgte sie mit Aussagen über die Privatisierung des Wassers für Aufregung. Matthias Strolz musste damals ausrücken und beteuern, das sei nicht Neos-Linie. Parteiintern gilt Mlinar nicht als Schwergewicht.
Claudia Gamon
Sie gilt als die junge Macherin in der Partei: Claudia Gamon, 28, Nationalratsabgeordnete mit den Themen Wissenschaft, Forschung, Frauen, Gleichbehandlung, Europa und Medienpolitik. Im pinken Klub nimmt sie durch ihre breite inhaltliche Palette eine zentrale Rolle ein. Gamon sei auch eine der "aktivsten Mandatarinnen" der pinken Truppe, formuliert es eine Neos-Kennerin. "Und sie zieht bei ihrer Zielgruppe."
Die ehemalige ÖH-Funktionärin wuchs in Vorarlberg auf. Für das Wirtschaftsstudium zog Gamon nach Wien und dockte bei den Julis an, die später zu den Junos – dem Jugendverband der Neos – evolvierten. Im Parlament sitzt sie nun bereits seit fast drei Jahren.
Irmgard Griss
Die neben Strolz bekannteste Neos-Politikern war a priori keine Option für die Nachfolge: Irmgard Griss ist nicht nur bereits 71 Jahre alt, sondern formell auch gar kein Parteimitglied.
Dabei erweckt die Steirerin mitunter den Eindruck, dass es ihr kaum hoch genug hinauf gehen könne. Ihren politischen Einstieg hat die Steirerin 2016 gleich im Kampf um das höchste Amt im Staat hingelegt – und damit kokettiert, als Präsidentin reformfaule Regierungen zu entlassen.
Nach verpasster Stichwahl hielt sich die Ex-Höchstrichterin mit einer Österreichtour, einer Puls-4-Show und dem Am-Köcheln-Halten von Spekulationen im Gespräch – um letztlich für die Neos ins Parlament einzuziehen. Obwohl laut pinkem Drehbuch für die ruhigen Töne gebucht, könnte Griss nun mehr Gehör finden. (Gerald John, Katharina Mittelstaedt, Günther Oswald, Rosa Winkler-Hermaden, 8.5.2018)