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Mit dem EU-Ausstieg werden die Mitgliedsbeiträge innerhalb der EU neu verteilt.

Foto: Reuters/HANNAH MCKAY

Wien – Der Brexit und die damit einhergehende Neuverteilung der EU-Mitgliedsbeiträge machen einen Vergleich des künftigen EU-Finanzrahmens von 2021-2027 mit dem laufenden EU-Budget 2014 bis 2020 selbst für Auskenner kaum möglich. Auf Kürzungen müssen sich die Mitgliedsländer auch beim größten Investitionsprogramm einstellen: Wohl steigt das Budget für Kohäsionspolitik, mit dem Zentrifugalkräfte im Binnenmarkt entkräftet werden und die Regionen zusammenwachsen sollen, auf 474 Milliarden Euro. Abzüglich der britischen Mitgliedsbeiträge und Teuerung stellt die EU-Kommission mit dem vorige Woche präsentierten Budgetentwurf aber eine um sechs bis zehn Prozent niedrigere Mittelausstattung für die europäischen Strukturfonds (EFRE, EAGFL) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) in Aussicht. Sie sind mit 352 Milliarden Euro dotiert und der größte Brocken im aktuellen Finanzrahmen von 1080 Milliarden Euro.

Österreich, das auf Entbürokratisierung, niedrigere Nettobeiträge und Sparsamkeit drängt, hat davon seit dem EU-Beitritt 1994 rund 6,2 Milliarden Euro an Regional-, Sozial- und Innovationsförderungen lukriert, mit denen Investitionen im Volumen von rund 26 Milliarden angestoßen wurden, sagt der mit Design und Evaluierung von Fördermaßnahmen befasste Markus Gruber vom Beratungsunternehmen Convelop. Laut dem jährlich vorgelegten EU-Kohäsionsbericht sind 60 Prozent der öffentlichen Investitionen in den 28 EU-Ländern auf die EU-Kohäsionspolitik zurückzuführen, wobei die Bandbreite groß ist: Portugal etwa kam im Zeitraum 2015-2017 nicht zuletzt aufgrund der Finanzkrise auf 84 Prozent EU-Finanzierung, Österreich hingegen auf 1,31 Prozent. Zu den großen Fördernehmern gehören die neuen EU-Länder von Kroatien über Litauen, Polen, Ungarn bis zur Slowakei (siehe Grafik).

Eckpfeiler zeichnen sich ab

Wie das neue Förderregime im Detail aussehen wird, ist Ende Mai absehbar, da kommen die Verordnungen über die Fonds, sagt der Leiter der Abteilung Koordination, Raumordnung und Regionalpolitik, Georg Schadt. Es zeichnen sich allerdings Eckpfeiler ab: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bleibe Maßzahl für die Förderwürdigkeit, werde aber ergänzt um Themen wie Jugendarbeitslosigkeit, Klimawandel etc. Die Folge wäre eine Verlagerung der Förderungen Richtung Südländer (Griechenland, Spanien, Portugal, Italien). Das Programm Forschung & Innovation (Horizon 2020) soll stärker mit der Kohäsionspolitik harmonisiert werden, die Bedingungen, die Fördernehmer erfüllen müssen, sollen geschärft werden.

Unumgänglich sind in Verwaltung und Bürokratie Vereinfachungen, gelten EFRE- und ESF-Förderungen den Fördernehmern (Gemeinden, Städte, Unternehmen, Arbeitsmarktpolitik) doch als besonders kompliziert – sowohl bei Antragstellung als auch Abrechnung. "Eine Reduktion der Regelungsdichte muss kommen", sagt Schadt. Kritische Kommentare heimischer Minister zum Kommissionsentwurf weisen die Richtung: Subsidiarität in der Abwicklung, Vergemeinschaftung wo nötig. Wobei Österreich bei sich selbst ansetzen könnte: Wohl wurde der Förderföderalismus von 30 auf 16 Institutionen eingedampft und neun Regionalprogramme zu einem fusioniert, es sind aber noch deutlich mehr, als Bayern hat. Und: Der Verwaltungsaufwand beträgt in Österreich mehr als zehn Prozent. (ung, 8.5.2018)