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Ein Lächeln des Schreckens: LeBron James hat die Toronto Raptors erniedrigt.

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Kollektiver Frust einer braven Basketball-Mannschaft.

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Für Jakob Pöltl endete die Saison auch persönlich bitter: Der 22-Jährige wurde gegen Cleveland von seinem Trainer kaum mehr eingesetzt.

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Wien/Toronto – Torontos Coach Dwane Casey brachte es nach dem desaströsen Ausscheiden gegen die Cleveland Cavaliers auf den Punkt: "LeBron James ist einer der größten Spieler aller Zeiten, und niemand kann ihn verteidigen. Das war schon bei Michael Jordan so oder auch bei Kobe Bryant. Und wir haben jedes Jahr das Pech, dass wir gegen ihn spielen müssen."

Dass Toronto in der Eastern Conference spielt, tja. An LeBron James führt im Osten kein Weg vorbei, sieben Jahre in Folge (!) marschiert der "King" nun schon in die NBA-Finals, 2018 könnte er zum achten Mal um den Titel spielen. Da bleibt im Osten Platz für nichts und niemanden. Seine Statistiken sind heuer unheimlich, im Schnitt machte der 33-Jährige 34,8 Punkte in bisher elf Playoff-Partien und liegt damit nur knapp unter seiner Bestmarke aus dem Jahr 2009 (35,3 Punkte). Möglicherweise erlebt die Basketballwelt 2018 den besten LeBron James aller Zeiten.

Keine Tabus in Toronto

Für Toronto darf es nach dieser Demütigung keine Tabus mehr geben. Den Raptors fehlt eigentlich alles, was es braucht, um einen Meistertitel ins Auge zu fassen. Es fehlt ein guter Flügelverteidiger – Pascal Siakam und OG Anunoby sind nett, aber ein LeBron James frisst derart junges Gemüse zum Frühstück. Center Jonas Valanciunas ist ein Relikt, ein langsamer Pivot, der sich glücklich schätzen kann, dass er 2016 einen 64-Millionen-Dollar-Vertrag unterschrieben hat. Welcher Teufel das Raptors-Management da geritten hatte, wissen sie wohl bis heute nicht. Der Litauer ist in der Serie gegen die Cavaliers von Kevin Love gedemütigt worden. Solche Spielertypen sind im immer schneller werdenden NBA-Spiel nicht mehr gefragt.

Die fetten Verträge für die Guards DeMar DeRozan und Kyle Lowry? Autsch. Die beiden sind Stars. Für einen Championship-Run brauchst du aber Superstars. Da hilft auch Torontos Kadertiefe (mit Jakob Pöltl) nichts, in den Playoffs entscheidet die Bank vielleicht einmal ein Spiel, aber keine Serien. Um den ersten Platz im Osten nach der Regular Season kann sich Toronto einen Blumentopf kaufen.

Wechselgerüchte

Mit dem Saisonende für die Raptors fängt die Zeit des Kaderumbaus an. Und der könnte auch Jakob Pöltl treffen. Ein mögliches Wechselszenario: DeAndre Jordan kommt von den LA Clippers für den unsäglichen Valanciunas in einem Paket mit Pöltl und Delon Wright. Auch ein Abgang von Lowry oder DeRozan sollte nicht ausgeschlossen werden. Vor allem Letzterer hat schwer enttäuscht. Bitter endete die Saison auch für Pöltl: Nach Spiel eins sah der 22-Jährige wenige bis gar keine Spielminuten mehr. In der letzten Partie gab es nur mehr "garbage time".

Trainer Casey sitzt spätestens nach der dritten Schmach in Folge gegen die Cavaliers auf dem Schleudersitz. Es war traurig mitanzusehen, wie Clevelands Coach Tyronn Lue wie in einer Schachpartie seinem Gegenüber immer einen Schritt voraus war. Mal mit Fokus auf das Spiel unter dem Korb, mal mit schneller Transition – Cleveland kann seinen Spielstil jederzeit verändern. Zu Erinnerung: 2016 schlug man im Finale die Golden State Warriors mit ihren eigenen Mitteln.

Immer König

Im Zentrum der bisher spektakulären Playoffs 2018 bleibt LeBron James. Die Konkurrenz darf sich weiter fürchten. James ist ein täglich 24 Stunden durchkoordiniertes Unternehmen mit dem Ziel Meistertitel. Dafür hat der dreifache NBA-Champion sogar die Art, Pausen während des Spiels einzulegen, zu einer Kunstform gemacht. Weil er mit Ausnahme weniger Minuten fast immer auf dem Feld steht, ist gute Regeneration seine oberste Maxime. Dafür stellt er sich etwa bei Freiwürfen seiner Mannschaft unter den eigenen Korb, damit er im Gegenangriff nicht zurücklaufen muss. Oder parkt am Flügel und nimmt sich ganze Angriffe lang komplett aus dem Spiel. Damit er am Ende genug Kraft hat, Spiele reihenweise im Alleingang zu entscheiden.

Es gibt wohl wirklich kein Vorbeikommen an einem der drei besten Basketballspieler aller Zeiten. Die Gegenfrage darf daher lauten: Was würde es bringen, Torontos Team aufzubrechen? Sollte Toronto Lowry und/oder DeRozan traden, würde man mit ziemlicher Sicherheit keinen gleichwertigen Ersatz bekommen, so funktionieren Star-Trades nicht. Durch die jetzigen Rollenspieler wäre man immer noch ein solides Team, das aber nicht um einen hohen Lottery Pick spielen würde. Dafür gibt es im Osten weiterhin zu viele schlechte Teams.

So bleibt Toronto nur eine Hoffnung, damit es in Zukunft endlich mit dem Einzug ins Finale funktioniert: dass sich LeBron James, dessen Vertrag bei Cleveland im Sommer ausläuft, endlich in den Westen vertschüsst. (Florian Vetter, 8.5.2018)