Für den Informatiker Thomas Henzinger ist hierzulande "noch nicht angekommen, dass Informatik eine Wissenschaft ist, die die Welt transformiert und wir in Österreich ziemlich gut darin sind". Dabei habe sich das Land in Bereichen der Computerwissenschaften an der Weltspitze etabliert, war man sich Montagabend bei einem Seminar der Plattform "Austrian Rigorous System Engineering" (ARiSE) einig.

"naiv" geführte Diskussion

Als Beispiel für seinen Befund führte Henzinger, Präsident des Institute of Science and Technology (IST) Austria, die jüngsten Aufregungen um Forschungsdaten und Datenschutz an. In der Debatte habe er vermisst, dass der Schutz privater Daten vor allem eine technische Angelegenheit sei, derzeit werde das in "sehr naiver Weise diskutiert".

Vor acht Jahren hatten neun Forscher aus mehreren österreichischen Unis und Forschungseinrichtungen, die mit ihren Gruppen auf dem Gebiet des "Rigorous Systems Engineering" arbeiten, die Plattform ARiSE und in der Folge ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes Forschungsnetzwerk gegründet, um stärker zu kooperieren. Ihr Ziel ist es, logische Methoden zu entwickeln, die zu besserer Software ohne Fehler führen. Nicht erst bei der Fertigstellung soll Software geprüft werden, sondern Prüfprogramme diese auf Fehler untersuchen.

Teamwork

Mittlerweile ist das Netzwerk auf 17 Wissenschafter angewachsen. Früher sei man Einzelkämpfer gewesen, heute arbeite man – auch wenn von verschiedenen Einrichtungen stammend – "als Team und eng abgestimmt", sagte Roderick Bloem vom Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie der Technischen Universität (TU) Graz.

Georg Weissenbacher, Leiter der Gruppe Formal Methods in Systems Engineering an der Technischen Universität (TU) Wien ist einer aus dem Netzwerk. Ausgebildet an der TU Graz ging er 2005 ins Ausland, und als er 2012 nach Österreich zurückkehrte "hatte sich die Landschaft komplett verändert", wie er betonte. Als Beispiel führte er ein 2014 gestartetes Doktoratsprogramm auf diesen Gebiet mit 43 Studenten aus 21 Ländern an, das heuer in seinen zweiten Durchgang startete. Die Absolventen hätten hervorragende Jobchancen und würden zu renommierten internationalen Unis und Unternehmen gehen.

Bedarf an Forschern

Beim Personal, und nicht so sehr bei den finanziellen Mitteln sieht Henzinger auch ein Problem des Gebiets: Angesichts des Bedarfs der Industrie würden die Leute immer kürzer an den Unis bleiben und es sei schwer, Forscher zu rekrutieren.

Dabei sehen die Experten die Notwendigkeit logischer Methoden in den Computerwissenschaften heute evidenter denn je. Das Internet of Things etwa sei eine Herausforderung, wenn, wie erwartet, in zwei Jahren 20 Mrd. "Dinge" – vom Kühlschrank über das Auto bis zum Herzschrittmacher – mit dem Internet verbunden sein werden. Da gehe es nicht nur darum, dass solche integrierten Systeme ("Cyber-Physical-Systems") das Richtige tun, sondern auch zur richtigen Zeit, dass sie sicher und verlässlich sind, die Privatsphäre sichergestellt ist und es gehe auch um Haftungsfragen – "das haben wir bisher zu wenig beachtet", so Henzinger.

Die Stärke der heimischen Forschung bescheinigte auch der israelisch-amerikanische Informatiker Moshe Vardi von der Rice University: Österreich sei stark in logischen Methoden der Computerwissenschaften und in Maschinellem Lernen, es sollte die Synergien zwischen den beiden Feldern nutzen, empfahl Vardi, der heute, Dienstag, ein Ehrendoktorat der TU Wien erhält. (APA, 8.5.2018)