Falco – österreichischer Held, österreichischer Tragöde. 1982 legte mit dem Album Einzelhaft den Grundstein zu seiner Weltkarriere.

Eines muss man sich bei Falco immer wieder vergegenwärtigen: Als er auftauchte, wurde der Begriff "cool" international gerade neu definiert. Cool war in Österreich damals wenig und ein wenig bekannter Begriff; diesbezüglich befand man sich hierzulande in der Krabbelstube. Im Rest der freien Welt krempelten Punk und New Wave die Musik vollständig um, der Synthesizer schuf neue Ästhetiken, die Neue Deutsche Welle bei uns und unseren Nachbarn ein neues Verständnis für die deutsche Sprache im Pop.

Sturm und Drang

In diese Umbruchstimmung platzte Falco mit einem Ego so groß wie seine Pilotenbrillen. Der hatte damals schon eine Vergangenheit bei der Hallucination Company und Drahdiwaberl, konnte Sturm und Drang (zumindest teilweise) abhaken und war bereit für den nächsten Schritt.

Der lautete Solokarriere. 1982 erschien sein Debütalbum Einzelhaft. Es legte den Grundstein für Falcos Karriere, die ihn vier Jahre später mit Rock Me Amadeus an die Spitze der US-Charts führen sollte und aus dem Hanse Hölzel aus Wien-Margareten einen Superstar machte, den ersten österreichischen Superstar. Einen, der diese Rolle in einer Mischung aus Größenwahn und tatsächlichem Format zumindest eine Zeitlang erfüllte.

Im Rahmen des Gedenkens anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Republik widmet sich die Reihe "Zwickt's mi" österreichischer Popmusik. Einzelne Alben, Songs und Künstler, die die heimische Populärmusik geprägt haben, werden in Erinnerung gerufen und vorgestellt.

Einzelhaft traf den Nerv seiner Zeit. Der Synthie-Pop mag als Kind der frühen 1980er-Jahre heute schmalhansig klingen, als Transporter für Falcos neumodernen Sprechgesang funktionierte er vorzüglich. Seine Texte waren egozentrische Betrachtungen von oben herab. Es ging um den Rausch (Ganz Wien), die Gier (Hinter uns die Sintflut) oder Populistisches wie Nie mehr Schule.

Falco mit Drahdiwaberl 1979 – Ganz Wien.
Chris Bauer

Subsumieren ließ sich das unter einem Lebensgefühl, das mit dem lässig hingeschlenzten Gesang Falcos eine neue Zeit einläutete – und das sich nächtens an den Tresen der Bar, des Daniel Moser oder des U4 labte. Dabei besaßen Songs wie Maschine brennt zugleich jene Ironie, die die rappende Arroganz mit dem Augenzwinkern des vielgelittenen Wiener Schmähs versah.

Die Nachlassverwalter erlauben viel Songs aus Einzelhaft nicht auf Youtube, deshalb diese Liveversion aus der Wiener Stadthalle 1982.
DXD2

Der Erfolg war beträchtlich: Die Single Der Kommissar toppte in Österreich und Deutschland die Charts, sogar die USA nahmen Notiz davon, zudem wurde das Album in Kanada, Finnland, Italien, Spanien und Japan veröffentlicht, eine englischen Version von Auf der Flucht (On the Run) landete sogar in den US-Top-Ten. Nicht schlecht, für einen Erstling. 750.000 Alben soll Einzelhaft weltweit abgesetzt haben. So geht Weltstar, würde man heute sagen, doch das war erst der Anfang.

Die US-Version des Kommissar darf auf Youtube sein – immerhin.
FalcoVEVO

1984 legte er mit Junge Roemer nach. Das Album floppte zwar international, in Österreich aber festigte es des Falken Status. Der Titelsong oder Brillantin Brutal (samt der Video-Hommage an den Filmklassiker Casablanca mit Cordula Reyer) gelten hierzulande als Weltkulturerbe.

Falco goes Bogey – in Brillantin Brutal.
XeGamer

Der menschlichen Psyche entsprechend wurde ein polarisierender Charakter wie Falco wahlweise geliebt oder gehasst. Dem Wikingerspruch "Viel Feind, viel Ehr'" folgend, legte er 1985 eins nach und veröffentlichte Falco 3.

Mit dem darauf befindlichen Rock Me Amadeus toppte er im Frühjahr 1986 als erster weißer Rapper die US-Charts. Ähnliches gelang vor iFalco nur einem anderen Österreicher: Anton Karas mit seinem zithrigem Thema für Carol Reeds Film Der dritte Mann, aber das war ja noch in der Zeitrechnung vor Pop.

Die Single Vienna Calling verkaufte sich ebenfalls wie die warme Semmel, und sogar das schrecklich aufgeplusterte Jeanny soll allein in Deutschland über zwei Millionen Mal über die Budel gegangen sein. Wegen seines angeblich kindsmörderischen Sujets wurde das Video zum Song weitgehend boykottiert.

On the top of the world: 1986 war Falco damit die Nummer eins in den USA.
FalcoVEVO

Größer konnte und sollte Falco nicht mehr werden. Egal ob man seine Musik mag oder nicht, aber vor ihm und lange nach ihm hatte kein Österreicher einen ähnlichen internationalen Erfolg.

"Die Groove"

Eine Zeitlang war Falco nicht nur am Zahn der Zeit, er definierte ihn mit. Lange schon wird er zudem als Rap-Pionier gehandelt, in einer legendären FM4-Sendung versucht er seinen Standpunkt dazu darzulegen – und spricht dabei durchgehend von "die Groove". Nennen wir ihn ein Original.

Falco und der Hip-Hop – der Falke im Gespräch mit Werner Geier.
ovlada

Seine Alben nach Falco 3 kann man weitgehend vergessen. Natürlich gerät man mit so einer Behauptung in die Gefilde des Konfessionellen, soll sein. Den internationalen Erfolg konnte er erwartungsgemäß nicht wiederholen, für eine volle Donauinsel reichte es aber jederzeit.

Als Figur wurde Falco bald von anderen Trends überholt, später von privaten Problemen heimgesucht. Seine Veröffentlichungen wurden hölzern, das Lässige Wesen des Frühwerks schien ihm abhandengekommen.

Anhaltende Wirkung

Sein frühes Ende bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik im Februar 1998 erschuf einen österreichischen Tragöden, dessen Nachlass bis heute ausgeschlachtet wird – ohne dass dabei irgendetwas Substanzielles abgefallen wäre. Auf die ersten drei Alben aber, auf die kann man sich einigen. Die wirken, wenn man so will, noch nach – etwa im Schaffen der Band Bilderbuch.

Deren Sänger Maurice Ernst, so viel ist klar, hält das Andenken an Falco heute würdiger hoch als die Ausschussware, die zu diversen Falco-Jubiläen auf den Markt gebracht wird. (Karl Fluch, 12.5.2018)