Manchester – Es mag für viele eine unbequeme Wahrheit sein, aber es gibt Spinnen, die springen können, ob vom Boden, der Wand oder der Decke aus. Angehörige der weltweit verbreiteten Familie der Springspinnen (Salticidae) schaffen in einem Satz das Mehrfache ihrer Körperlänge, sowohl in die Höhe als auch in die Weite.

Da sich die verschiedenen Arten in einem Größenspektrum von einem Millimeter bis zu zweieinhalb Zentimetern bewegen, ergeben sich daraus immerhin keine enormen Distanzen. Eher sorgen die kleinen Tiere für Erschrecken, weil ihre Bewegungen dadurch noch unberechenbarer werden, als es bei Spinnen ohnehin schon der Fall ist.

Girupakaran Sivalingam, Bill Crowther, Mostafa Nabawy

Berechenbar wurde allerdings Spinne Kim, bei der Forscher der Universität Manchester das Kunststück vollbracht haben, sie zu "dressieren" – oder genauer gesagt, sie auf einen entsprechenden Anreiz hin zum Springen zu bringen. Als Angehörige der vor allem im Südosten der USA beheimateten Spezies Phidippus regius gehört sie zu den größeren Vertretern der Springspinnen und schafft es entsprechend weit.

Die Forscher um Studienerstautor Mostafa Nabawy ließen Kim von Plattform zu Plattform Sprünge über verschiedene Distanzen absolvieren, zudem konnte die Zielplattform höher gestellt werden. Mittels Hochgeschwindigkeitskameras konnten die Forscher feststellen, dass die Spinne verschiedene Sprungstile anwendet.

Für kurze Distanzen etwa setzt sie auf eine niedrige Flugbahn: Das ist relativ energieaufwendig, aber dafür schnell und garantiert damit, dass sie ihr anvisiertes Ziel – normalerweise ein Beutetier – trifft. Bei längeren Distanzen hingegen setzt sie auf die energiesparendste Sprungweise. Das dürfte unter normalen Bedingungen die bevorzugte Art sein, Hindernisse im Gelände zu überwinden.

Die Morphologie der Springspinne.
Foto: Mostafa Nabawy, The University of Manchester

Berechnungen zum Energieverbrauch waren möglich, weil die Forscher mittels Mikro-Computertomographie detaillierte anatomische Analysen durchführen konnten und daraus ein Modell der Spinnenbeinbewegungen erstellten.

Und das Interesse an Kims Sprungtalent war nicht rein biologischer Natur: Nabawy denkt daran, die Erkenntnisse in die Konstruktion von Mikrorobotern einfließen zu lassen. Immerhin schafft die Spinne aus dem Stand das Sechsfache ihrer Körperlänge – ein Mensch käme nicht über das Eineinhalbfache hinaus. (jdo, 19. 5. 2018)