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Die Ölpreise ziehen wieder an.

Foto: AP Photo/Hasan Jamali

Wien/Teheran/Washington – Der Rückzug der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran hat die Ölpreise am Mittwoch kräftig in die Höhe getrieben. Ein Barrel der Sorte Brent kostete Mittwochfrüh 76,80 Dollar (64,7 Euro), das war ein Anstieg von 1,95 Dollar im Vergleich zum Vortag. Die Sorte WTI kostete pro Barrel 70,71 Dollar, ein Plus von 1,65 Dollar. Die Ölpreise befinden sich damit wieder auf dem höchsten Niveau seit 2014.

Der weltgrößte Ölexporteur Saudi-Arabien kündigte am Dienstagabend Maßnahmen an, um etwaigen Versorgungsengpässen entgegen zu wirken. Das Land werde mit wichtigen Ölproduzenten innerhalb und außerhalb der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) sowie mit Ölverbrauchern zusammenarbeiten, um die "Folgen von Engpässen zu begrenzen", teilte das Energieministerium mit.

Die USA haben sich am Vorabend trotz des deutlichen Widerstands europäischer Partner aus dem Atom-Deal mit dem Iran zurückgezogen. Die im Rahmen des Abkommens ausgesetzten Sanktionen sollen in voller Härte wieder zum Tragen kommen. "Wir werden die höchste Stufe von Wirtschaftssanktionen einführen", erklärte US-Präsident Donald Trump. Die Europäische Union hält Trumps Entscheidung in Bezug auf die Lage im Nahen Osten für gefährlich und will die Sanktionen ausgesetzt lassen.

Die Aufkündigung des Atomabkommens dürfte weitreichende Folgen für den Ölmarkt haben. Schon jetzt gilt das Angebot als knapp. Das liegt zum einen an einer seit Anfang 2017 geltenden Fördergrenze der Opec. Zum anderen ist die Förderung in dem ölreichen Krisenstaat Venezuela eingebrochen. Hinzu kommt eine solide wachsende Weltwirtschaft, die für eine steigende Nachfrage nach Erdöl sorgt.

Airbus unter Druck

Unter Druck gerät auch der europäische Flugzeug-Hersteller Airbus, dem der Verlust milliardenschwerer Aufträge zusetzt. Die Aktien fielen an der Pariser Börse um 1,1 Prozent. Gleichzeitig mit der Aufkündigung des Atomdeals drohte US-Präsident Donald Trump mit neuen Sanktionen. In diesem Zusammenhang kündigte US-Finanzminister Steven Mnuchin an, Airbus und dem Rivalen Boeing die Lizenz zum Verkauf von Passagiermaschinen an Iran zu entziehen. Die beiden Firmen sagten, sie wollten die US-Entscheidung prüfen. Zu möglichen Ausfällen wollten sie sich nicht äußern.

Damit steht die Bestellung von 200 Fliegern für IranAir mit einem Listenpreis von Ingesamt 38,3 Milliarden Dollar auf der Kippe. Die Hälfte dieser Aufträge entfällt auf Airbus. Erschwerend komme hinzu, dass der europäische Konzern diese Bestellungen bereits in seine Bücher aufgenommen habe, sagte Analyst Richard Aboulafia vom Branchendienst Teal.

Deutsche Wirtschaft schockiert

Die deutsche Wirtschaft reagiert schockiert auf den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Ausstieg. BDI-Präsident Dieter Kempf sagte am Dienstag unmittelbar nach Trumps Ankündigung: "Die deutsche Industrie bedauert den Rückzug der USA aus dem so mühselig und langwierig verhandelten Atomabkommen zutiefst." Für die hiesigen Unternehmen sei essenziell, dass die EU jetzt versuche, gemeinsam mit China und Russland ein deutliches Bekenntnis zum Atomabkommen abzugeben. Der neue US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, schrieb auf Twitter, deutsche Unternehmen sollten unverzüglich ihre Geschäfte mit dem Iran herunterfahren.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte in der Erwartung der Entscheidung gewarnt, damit könnte der Aufschwung der vergangenen Jahre im deutschen Iran-Geschäft abrupt abgebremst werden. "Das zarte Pflänzchen, das sich da zuletzt entwickelt hat, könnte dadurch wieder zertreten werden", erklärte der Außenwirtschaftschef des DIHK Volker Treier. Kurz vor Trumps Ankündigung sagte er der Nachrichtenagentur Reuters: "Der Schaden würde über das Bilaterale hinausgehen."

Auswirkungen auf Österreich offen

Auch in Österreich sind die Geschäfte mit dem Iran über den Status "zartes Pflänzchen" nicht hinausgekommen. Österreichische Geschäfte mit dem Iran böten allerdings einiges an Potenzial. Es handelt sich auch um einen traditionellen Handelspartner. Viel Greifbares oder offiziell gemachte Großdeals haben sich seit Ende der Wirtschaftssanktionen aber nicht ergeben. Dies, obwohl viele Firmen – auch im Rahmen von offiziellen Delegationsreisen – sich die Klinken bei potenziellen Geschäftspartnern in die Hand gaben.

Die heimischen Firmen, die im Iran tätig sind, zeigen sich nach dem Ausstieg der USA aus dem Iran-Atomdeal und der Ankündigung neuer Sanktionen durch Washington abwartend. Das hat eine Blitzumfrage der Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer ergeben, wie diese am Mittwoch mitteilte. Klar sei, dass die Unsicherheit für im Iran tätige Firmen durch den angekündigten Ausstieg aus dem Iran-Deal zunimmt.

Rund 50 Austro-Unternehmen haben Niederlassungen im islamischen Staat mit 80 Millionen Einwohnern. Jetzt sei es wichtig, die Details und deren Auswirkungen zu analysieren und abzuwarten, wie die anderen Vertragsparteien reagieren werden, so der Außenwirtschaftschef der Wirtschaftskammer (WKÖ), Michael Otter. "Die Überlegungen der Unternehmen reichen vom sofortigen Stopp der Iran-Aktivitäten bis hin zu einem möglichst langen Aktiv-Sein im Rahmen des neuen Sanktionskorsetts", berichtet Otter.

Den wahrscheinlichen Hauptgrund dafür, dass es noch nicht zu Großdeals kam, kritisierte der Präsident der Iranischen Zentralbank, Valiollah Zeif bereits im Herbst 2016 gegenüber der APA: "Wichtige europäische Banken fühlen sich bedroht und fürchten sich davor, auf den iranischen Markt zurückzukehren." Hintergrund dafür sei, dass die US-Behörden ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen zur Begrenzung des iranischen Atomprogramms (JCPOA) nicht in vollem Umfang nachgekommen seien. Es fehlte und fehlt potenziellen Iran-Investoren also tendenziell an Finanzierungslinien.

Auch aus österreichischen Bankenkreisen hieß es schon damals, dass es für heimische Kreditinstitute mit starkem Geschäft in den USA derzeit sehr riskant sei, Projekte im Iran zu finanzieren.

Beziehungen haben gelitten

Rudolf Thaler, bei der Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer für den Nahen Osten zuständig, sagte am Dienstag im APA-Gespräch, dass der Iran ein wichtiger Handelspartner Österreichs sei, wobei die Beziehungen unter den Sanktionen gelitten hätten. "Nach der Lockerung der Sanktionen hat sich eine nicht so schnelle Entwicklung ergeben, wie manche sie prognostiziert oder erhofft hatten." Vorsicht herrsche bei Firmen, die auch in den USA Geschäfte machen. Flaschenhals sei die Finanzierung vor allem langfristiger Geschäfte.

Nach dem Ausstieg seien Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Iran und Österreich aktuell noch nicht einschätzbar, so Thaler. Ausfälle würden aber wohl nicht allzu schlimm schmerzen, weil die Geschäfte der meisten Unternehmen bisher nicht so groß geworden seien. "Es ging nicht mehr", sagte der Experte der Wirtschaftskammer.

Sowohl die Exporte nach und die Importe in den Iran sind von 2016 auf 2017 aber angestiegen: Die Ausfuhren stiegen um gut 9 Prozent auf 301 Mio. Euro, die Einfuhren stiegen um 18 Prozent auf 119 Mio. Euro. Österreich führte vor allem Maschinen und Fahrzeuge aus (111 Mio. Euro). Dahinter folgten chemisch/medizinisch/pharmazeutische Produkte (97 Mio. Euro).

Österreich begann umgehend nach dem Ende der Sanktionen Anfang 2016 seine Bemühungen, die Iran-Geschäfte wieder zu verstärken. Vertreter aus der Alpenrepublik galten und gelten als besonders willkommen, weil Wien auch in den Zeiten von Sanktionen die Kontakte nach Teheran nie ganz hatte abkühlen lassen. Das wurde von politischen Vertretern im Iran auch oftmals betont, als der damalige Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter im Februar 2016 mit einer Wirtschaftsdelegation ins 80-Millionen-Einwohner-Land reiste. Der damalige Bundespräsident Heinz Fischer war einer der ersten westlichen Staatsoberhäupter, die den Iran nach dem Atom-Deal im September 2015 besuchte – auch hier eine große Wirtschaftsdelegation im Schlepptau.

Umwelttechnik-Geschäfte

Dabei ging es vor allem um Umwelttechnik-Geschäfte. Ein Kooperationsabkommen wurde immerhin paraphrasiert. Unterschriften hätten bei einem – schlussendlich kurzfristig abgesagten – Besuch von Präsident Hassan Rohani in Wien erfolgen sollen.

Vor rund einem Jahr war der damalige Finanzminister Hans Jörg Schelling mit einer Wirtschaftsdelegation im Iran, um dort Geschäfte zu sondieren. Mit dabei war auch Nationalbankchef und EZB-Rat Ewald Nowotny. Laut der Iran-kritischen Plattform "Stop the Bomb" soll es Treffen mit Irans Außenminister, Ölminister, Wirtschaftsminister sowie Industrieminister gegeben haben. Dabei soll es unter anderem um ein Steuerabkommen und den Ausbau der Bankgeschäfte von Oberbank, Raiffeisen und Bank Austria gegangen sein.

Auch die teilstaatliche OMV bemühte sich im Iran, Zugang zu einem Ölfeld zu bekommen. Bisher ist daraus – zumindest zu den gewünschten Konditionen – nichts geworden. Auch Oberbank-Vertreter waren im Gottesstaat. (APA/red, 9.5.2018)