In manchen Jahren war Robert Hartlauer 120.000 Kilometer mit dem Auto unterwegs, um Kontakt zu den rund 160 quer über Österreich verstreuten Filialen seiner Handelskette Kontakt zu halten – was drei Weltumrundungen entspricht. Die innerhalb des Landes zentrale Lage ist ein Grund, warum der Firmensitz auch künftig im oberösterreichischen Steyr bleiben soll, wo das Gespräch mit dem Lenker des Familienunternehmens stattfand.

Standard: "Ihr Robert Hartlauer." Durch Fernsehwerbung sind Sie in Österreich bekannt. Werden Sie oft von Fremden um Selfies gebeten?

Hartlauer: Erst vor 14 Tagen bin ich auf dem Hauptplatz gestanden und jemand wollte ein Selfie mit mir machen. Aber in Steyr gehöre ich zum Inventar, in kleineren Städten spüre ich das viel stärker.

Standard: Bereuen Sie es, die personalisierte Werbung Ihres Vaters weitergeführt zu haben?

Hartlauer: Die personenbezogene Werbung meines Vaters wurde zum Markenzeichen. Ich habe das weitergeführt, obwohl viele Werbeexperten gesagt haben, es geht nicht. Es war viel Glück, dass es so gelungen ist. Bekanntheit hat Vorteile, Bekanntheit hat aber auch Nachteile. Heute würde ich mir wünschen, dass ich weniger bekannt bin. Es gibt schon Spots, bei denen ich nicht dabei bin. Für die Jungen bin ich ja auch schon ein alter Opa.

Standard: Setzen Sie mit Optik, Hörgeräten und jetzt auch Gesundheit nicht ohnedies auf eine ältere Zielgruppe?

Hartlauer: Gesundheit ist noch ein Bereich, der aus heutiger Sicht für mich noch viel zu klein ist. Wir sehen, dass wir mit Blutdruckmessern und Blutzuckergeräten sehr erfolgreich sind. Aus einer anderen Ecke spielt mit Smartphones und Wearables auch ein Fitness- und Gesundheitstrackerthema für Sportler herein, das wir auch mitbesetzen.

Standard: Nutzen Sie auch persönlich solche Geräte?

Hartlauer: Ich beschäftige mich viel mit Gesundheit. Gute Medizin von morgen wird nicht nur mit Momentaufnahmen arbeiten, sondern mit einem Datenpaket, das ich selbst bereitstelle. Wenn ich zum Arzt gehe, zeige ich ihm alles, was ich schon getrackt habe.

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Beim Tracken von Gesundheitsdaten über ein Smartphone hat Hartlauer keine Berührungsängste – er tut es selbst und stellt die Aufzeichnungen seinem Arzt zur Verfügüng.
Foto: REUTERS/Rick Wilking

Standard: Haben Sie sich nach dem Facebook-Datenskandal von der elektronischen Gesundheitsakte Elga abgemeldet.

Hartlauer: Nein.

Standard: Ist es sinnvoll, Gesundheitsdaten zu vernetzen?

Hartlauer: Man soll kritisch und skeptisch mit dem Thema umgehen. Es ist gefährlich, wenn Daten in falsche Hände kommen, und sehr wichtig, dass sie geschützt werden. Mein Vater hatte Krebs und wollte, dass es keiner erfährt. Er war offiziell in Kenia, inoffiziell im Krankenhaus. Nach einer Woche ruft mich ein Journalist an und sagt, er hat die Krankenakte meines Vaters vor sich liegen. So etwas sollte es nicht geben, hat es aber schon analog gegeben. Wenn es das digital gibt, ist es richtig deppert.

Standard: Wie stehen Sie zur neuen Datenschutzgrundverordnung, die demnächst in Kraft tritt?

Hartlauer: Das verstehe ich grundsätzlich. Allerdings ist es ein Wahnsinn, in welch kurzer Zeit man von Unternehmen verlangt, all das zu erfüllen, ein Megaspagat für ein Unternehmen. Wir haben intensiv ein Jahr lang an diesem Thema gearbeitet, damit wir gewappnet sind und alles richtig machen. Es war ein Wahnsinn, wir haben es gerade noch hingebogen.

Standard: Sie glauben an stationären Handel. Setzen Sie deshalb auf beratungsintensive Produkte?

Hartlauer: Na ja, nicht bewusst. Es ist so, dass die bei uns gut gehen.

Standard: Wie wird eine Hartlauer-Filiale in fünf oder zehn Jahren aussehen?

Hartlauer: Wir werden einen wärmeren Look einführen, mit Holzboden, Sofas, Kaffeemaschinen im Wartebereich und mehr Wohlfühlfaktoren im Geschäft. Das Erlebnis bei mir ist der Mensch. Die erstklassige Beratung ist auch immer noch mein Ziel. Ich investiere auch viel mit der Hartlauer-Akademie in die Ausbildung von Mitarbeitern. Das ist ein großer umgebauter Gutshof mit drei Seminarräumen für 43 Personen. Wir haben Fachseminare, Persönlichkeitsseminare und lehren dort Verkaufen und Beratung.

Standard: Wie funktioniert bei 1500 übers Land verstreuten Angestellten sonst die Mitarbeiterbindung?

Hartlauer: Die Bindung zu Mitarbeitern mache ich über mehrere Dinge. Ein Bindungselement ist die ganze Akademie, da kommt es zu viel Austausch. Ich schaue auch, dass ich oft dabei bin. Einmal im Jahr mache ich eine Tour durch alle Geschäfte, einmal spreche ich zu allen Mitarbeitern, indem ich zu einem Abend einlade. Und alle fünf Jahre mache ich eine Feier. Von der letzten wird heute noch gesprochen. Wir haben mit 1500 Mitarbeitern in Schladming Party gemacht. Vollgas.

Standard: Beteiligen Sie die Mitarbeiter auch am Unternehmenserfolg.

Hartlauer: Wir haben ein leistungsgerechtes Entlohnungssystem. Es darf aber nicht zu dominant sein, sonst ist es kontraproduktiv. Im Geschäft muss als Team agiert werden. Ein Prämiensystem darf nicht in die falsche Richtung gehen.

Standard: Haben Sie Probleme, an gute Mitarbeiter zu kommen?

Hartlauer: Ja, das hat jedes Unternehmen. Aktiv habe ich gerade 86 Posten ausgeschrieben, vor allem Optiker. Es ist unheimlich schwer, geeignete Fachkräfte zu bekommen. Wir müssen eine Arbeitgebermarke aufbauen. Das heißt, nicht der Mitarbeiter meldet sich, sondern wir müssen als Arbeitgeber wahrgenommen werden.

Standard: Wo werden sich Ihre Filialen künftig befinden? In Stadtkernen oder Gewerbeflächen?

Hartlauer: Ich bin hauptsächlich in den Stadtkernen, und wenn ich in den Speckgürtel gehe, dann als Letzter und nicht als Erster. Manchmal muss ich es tun. In Einkaufszentren hat man schlechtere Konditionen, zum Beispiel nur einen befristeten Pachtvertrag oder auch das Risiko der Öffnungszeiten. Mehr Öffnungszeit ist für mich vollkommen unwirtschaftlich.

Hartlauer bevorzugt Filialen in Stadtzentren gegenüber Malls am Stadtrand.
Foto: Christian Fischer

Standard: Wie wird in Österreich mit Unternehmertum umgegangen?

Hartlauer: Ich bin ein bisschen beleidigt, wenn der Unternehmer als Kapitalist bezeichnet wird. Unternehmerkultur gehört gefördert. Da müsste man mehr tun, so wie in Amerika. Nehmen wir als Beispiel Amazon, da geht die Wertschöpfungskette ins Ausland. Ich kaufe online ausschließlich bei österreichischen Unternehmen, außer es gibt keines. Es ist aber schwer herauszufinden, wie österreichisch eine Firma ist. Mein Wunsch wäre eine Plattform mit Unternehmen, die Steuern in Österreich zahlen, oder die Regionalität anzeigt, damit man CO2 spart.

Standard: Um es Konsumenten leichter zu machen, dass die Wertschöpfung im Inland bleibt?

Hartlauer: Wir brauchen die Marie. Für das Gesundheitssystem, für das Pensionssystem, für den Straßenbau. Das sollte das Finanzministerium für jede Firma machen und eine Plattform zur Verfügung stellen, die ein Ranking macht für Firmen und Händler, die für Österreich gut sind. Da möchte ich hin.

Standard: Waren Sie schon beim Finanzminister vorstellig?

Hartlauer: Nein. Wahrscheinlich ist das nicht EU-konform. Diese Plattform wäre aber wichtig und schlau. Jemand müsste sie aufbauen. Ich würde da auch gerne mitmachen. Wenn Amazon im Lebensmittelhandel auch noch Gas gibt, haben sie die ganze Warenbeschaffungskette. Die Politik müsste schauen, wie sie das in Griff kriegt.

Standard: Wären Sie auch Unternehmer geworden, wenn Ihr Vater keine Kette gegründet hätte?

Hartlauer: Ich habe das Unternehmergen in mir, ich bin so aufgewachsen. Sonst wäre ich mobiler Optiker geworden oder Betreiber eines Luxuszuges mit tollen Suiten und perfektem Essen.

Standard: Verkaufen oder an Ihre Töchter übergeben – was wird eines Tages mit der Firma Hartlauer passieren?

Hartlauer: Wir sind ein Familienbetrieb und auch so aufgestellt. Meinen Töchtern wünsche ich so viel Spaß im Leben, wie ich habe. Egal was sie tun, ich werde sie nicht aktiv beeinflussen. (Alexander Hahn, 13.5.2018)

Robert Hartlauer (43) übernahm als 24-Jähriger die von seinem Vater gegründete, gleichnamige Handelskette. Zu seinen Hobbys zählt der Naturliebhaber etwa die Fotografie oder wildes Campen. Sobald es Beruf und Familie zulassen – Hartlauer ist verheiratet und Vater von vier Töchtern -, will er für zwei Monate quer durch Afrika touren.
Gerhard Deutsch / KURIER / pictu