Einsatzkräfte nach dem Angriff in der Rue Saint Augustin.

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"Natürlich dachten wir sofort an den Präzedenzfall des 13. November. Aber wir fragten uns nicht lange und rannten weg", berichtete eine Augenzeugin. Es war 20.47 Uhr an diesem Samstagabend, als ein schwarz gekleideter Mann einen jungen Mann in der Rue Saint-Augustin mit einem Messer angriff und ihm laut Augenzeugen die Kehle durchschnitt. Darauf rannte er weiter und verletzte zum Ruf "Allahu Akbar" weitere Personen, zwei davon schwer, aber nicht lebensgefährlich.

Panik

Panik machte sich in der Straße breit, als den vielen Passanten bewusst wurde, dass es sich um einen neuen Terroranschlag handelte. Wie im November 2015, als mehrere Attentäter Dutzende von Besuchern des Bataclan-Konzertlokals und diverser Bistro-Terrassen im Bastille-Quartier angegriffen hatten, rannten die Gäste davon oder retteten sich auf das Geheiß der Wirte in die einzelnen Restaurants, wo sie sich unter Tischen versteckten.

Ein Wirt erzählte, ein Frau habe sich in seinen Imbissstand retten wollen, sei aber von dem Attentäter niedergestochen worden; ihr Begleiter sei darauf ebenfalls verletzt worden. Dann sei der Täter davongerannt. Ein Passant sei ihm gefolgt und habe versucht, ihn zu stellen.

Um 20.56 Uhr traf der Attentäter auf eine dreiköpfige Polizeikontrolle in der rue Monsigny. Er rannte mit erhobenem Messer auf sie zu und rief offenbar: "Schießt, schießt! Wenn ihr mich nicht tötet, bringe ich euch um." Die Polizisten neutralisierten ihn mit vier Schüssen, die er nicht überlebte.

Die Staatsanwaltschaft ordnete wegen der Allahu Akbar-Rufe noch in der Nacht auf Sonntag eine Untersuchung wegen terroristischer Umtriebe an. Sie erklärte, bei dem Täter handle es sich um einen 21-jährigen Russen tschetschenischer Herkunft, der mit seinen Eltern vor einigen Jahren nach Frankreich eingewandert sei. Vater und Mutter wurden in Ermittlungshaft genommen. Die Polizei sucht insbesondere weitere Komplizen.

Täter den Behörden bekannt

Der Täter war offenbar nicht vorbestraft, den Behörden aber bekannt: Er sei auf einer Liste von radikalisierten Personen gestanden, hieß es.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannte sich nur wenige Stunden nach der Messerattacke zu dem Anschlag.

"Nicht nachgeben"

Präsident Emmanuel Macron ließ verlauten, sein Land zahle "einmal mehr einen Blutpreis", werde aber "den Feinden der Freiheit keinen Zoll breit nachgeben". Der Anschlag ist nicht der erste dieses Jahres in Frankreich. Im März hatte ein Franko-Marokkaner bei Caracassonne bereits vier Kunden eines Supermarktes und andere umgebracht. Seit dem Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo anfangs 2015 haben Terroranschläge landesweit 245 Todesopfer gefordert.

Frankreich ist auch deshalb eine Zielscheibe, weil es sich aktiv an den Einsätzen der westlichen Koalition in Syrien beteiligt.

Die Pariser Moschee verurteilte "den feige und barbarischen Anschlag, der sich auf keine Religion berufen kann". (Stefan Brändle aus Paris, 13.5.2018)