Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio (li) Lega-Chef Matteo Salvini (re) versuchen in Koalitionsverhandlungen auf einen grünen Zweig zu kommen. Die mögliche Wirtschaftspolitik der durchaus unterschiedlichen Partner verunsichert Investoren.

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Die Hängepartie um Italiens Regierungsbildung scheint zu Ende, die Neuwahl vorerst vom Tisch. Für Italiens Wirtschaft könnte ein gewagtes Experimentieren bevorstehen, wie ein Blick auf die Wirtschaftsprogramme der beiden wahrscheinlichen Koalitionspartner Fünf-Sterne und Lega zeigt: Protektionismus, das Zurückdrehen der Rentenreform, ein bedingungsloses Grundeinkommen, Steuersenkungen auf einheitlich 15 Prozent und die Forderung nach einer Aufweichung des europäischen Stabilitätspakts.

Würde nur ein Teil davon Wirklichkeit, wäre das angesichts der hohen Verschuldung des Landes von 131 Prozent der Wirtschaftsleistung eine hohe Belastung. Die bislang relativ ruhigen Finanzmärkte beginnen zu reagieren. Der "Spread", die Zinsdifferenz zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen, ist am Freitag wieder auf 140 Punkte geklettert.

Wirtschaft gerade im Aufwind

Dabei befindet sich Italien, zumindest ökonomisch, auf gutem Weg. Die Wirtschaft wächst. Wenn auch (+1,4 Prozent) langsamer als im EU-Schnitt. Doch die verarbeitende Industrie im Norden – Maschinenbau, Auto- und Pharmaindustrie, Luxusgüter-, Lebensmittel-, Möbel- und Modehersteller – erleben einen Investitions- und Exportboom. In den vergangenen Jahren entstanden im Land eine Million neuer Jobs.

Das lag auch an der Arbeitsmarktreform von Ex-Premierminister Matteo Renzi. Italien ist nach vielen Jahren weltweit wieder unter die Top-Ten-Länder unter den Investoren aufgerückt. Die Region zwischen Turin und Venedig zählt zu den reichsten Europas. Ganz im Gegensatz zu 2011 als der damalige Regierungschef und Senator auf Lebenszeit Mario Monti das Land mittels rigoroser Maßnahmen, u.a. einer Rentenreform, vor einem Staatsbankrott rettete. Diese Reform soll nun annulliert werden.

Geteiltes Land

Italien ist politisch und wirtschaftlich zweigeteilt. Im Norden überlagerte die Stimmung gegen die Immigration die gute wirtschaftliche Situation. Davon profitierte die nationalistische Lega mit ihren europakritischen Tönen und Forderungen nach einer Begrenzung der Einwanderung sowie nach Steuersenkungen. Der Süden, ist trotz jahrzehntelanger Staatshilfen fest in der Hand der Cinque Stelle, die für ein Referendum zum Euro-Austritt und ein bedingungsloses Grundeinkommen eintreten.

Gegenüber Brüssel hat sich das Land verpflichtet, die Regeln des Stabilitätspakts einzuhalten und das strukturelle Defizit in diesem Jahr um 0,3 Prozentpunkte zu senken. Wie das gelingen soll, ist unklar. Um die Verschuldung zu senken, braucht es nicht nur Wachstum, sondern auch Einsparungen. Die ursprünglich geplante Mehrwertsteuererhöhung ist kaum durchzusetzen.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici zeigt sich besorgt. Die EU ermittelt wegen unerlaubter Staatshilfen für die schwer angeschlagene Fluggesellschaft Alitalia, die Rettung des Stahlkolosses Ilva scheint zu scheitern. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 13.5.2018)