Die Meeresschnecke Aplysia, die wegen ihrer großen Hirnzellen ein besonders beliebtes Versuchstier der Gedächtnisforscher ist.

Columbia University, New York - National Human Genome Resource Institute

Los Angeles – Anfang des 20. Jahrhunderts formulierte der deutsche Zoologe Richard Semon eine umstrittene Idee: Erlebniseindrücke würden eine Art Gedächtnisspur hinterlassen, die er Engramm nannte. Das Umstrittene an Semons Ansatz: Er behauptete, dass man solche Engramme auch vererben könne, was sich nicht wirklich bestätigen ließ.

In der Gedächtnisforschung blieb der Begriff aber im Einsatz, um das materielle Substrat von Gedächtnisinhalten zu bezeichnen. In der Wissenschaft nahm man lange Zeit an, dass sich solche Engramme als veränderte Verbindungen zwischen Neuronen manifestieren würden.

Die mögliche Rolle der RNA

In den letzten Jahren kam aber noch eine andere Vermutung dazu: Das Speichern von Erinnerungen könnte auch an Änderungen der Genexpression bedingt sein, für die wiederum die nichtcodierende Ribonukleinsäure (RNA) sorgen würde.

Der kalifornische Neurobiologe David Glanzman (UCLA) hat diese Hypothese nun an einem der Lieblingstiere der Gedächtnisforscher empirisch getestet: an der Meeresschnecke Aplysia, mit der auch schon Nobelpreisträger Eric Kandel arbeitete, weil sie so große Hirnzellen hat. Glatzman trainierte mit seinen Kollegen den Meeresschnecken einen neuen Gedächtnisinhalt an, der sich in einer speziellen Reaktion auf eine spezifische Stimulation zeigte. Danach entnahm er den trainierten Tieren RNA und injizierte sie untrainierten Artgenossen.

Schematische Darstellung der Versuchsanordnung.
Illustration: Bédécarrats et al., eNeuro (2018)

Wie Glatzman im Fachblatt "eNeuro" berichtet, zeigten sich bei den untrainierten Tieren, die RNA der trainierten erhielten, tatsächlich ähnliche Reaktionen – was laut Glatzman auch darauf hindeutet, dass man RNA womöglich einmal dazu verwenden könnte, Erinnerungen zu verändern. (tasch, 15.5.2018)