Wie stellt man Limonov (Markus Zett) bereits als Baby böse dar?

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Wien – Die Autorin (Anna Mendelssohn) äugt skeptisch hinüber auf die Figur, die sie entworfen hat. Das Stück, um das sie gerade ringt, handelt vom russischen Poeten und Rechtspolitiker Eduard Limonov. Die unförmige Hose und Bluse weisen die Autorin als kritische Intellektuelle aus. Dementsprechend lautet ihr Interesse: Sie will den rechten Populisten als armes Würstchen überführen.

Die Originalzitate Limonovs, mit denen die Gruppe Toxic Dreams in der gleichnamigen Uraufführung arbeitet, machen das zum leichten Spiel. Denn der umstrittene Kerl (famos in Windeln und mit Russenakzent: Markus Zett) ist nicht nur Nationalist, sondern auch Narzisst. Sein Leben hat er autobiografisch gut dokumentiert: Von der Geburt 1943 in der Ukraine über die Zeit als dichtender Dissident im Moskauer Untergrund, als Linker in den USA sowie Führer der Nationalbolschewistischen Partei Russlands ab den 1990ern.

Die Darsteller agieren im Theater an der Gumpendorfer Straße auf getrennten Bühnenhälften: links die Autorin, rechts ihre Fantasie. Aus Schachteln wird Kleidung je nach Lebensstation Limonovs gezogen. Sparsam und effektvoll entstehen so die Szenen. Der Stoff ist ein dankbarer Auftakt zum neuen Zyklus "Real Fiction" von Toxic Dreams (auf mehrere Jahre angelegt). Die Fakten tragen einen Teil bei, Limonovs Selbstdarstellungswille einen anderen.

Populismus als Performance

Er weiß, wie Populismus geht. Forderte der Poet anfangs von seiner Dichtung, den Schmerz und die Dinge beim Namen zu nennen, will er später als Parteiführer "die Sprache der Straße" sprechen. Nicht nur in diesem Sinn ist Limonovs Weg vom Untergrunddichter zum Ultranationalen kürzer, als man anfangs glauben mag. Hauptsächlich will er andere treten, bevor er von ihnen getreten wird. Limonov will Macht. In den 80 Minuten stecken viele Andeutungen zur aktuellen politischen Kultur im Westen. Rechtes Gedankengut wird salonfähig, ideologische Fronten sind nicht so fest wie geglaubt. Limonov zeigt: Das Feindbild wechselt mit den Umständen.

Ab und zu wendet sich der Protagonist gegen die Autorin. Besonders was die Ästhetik des Stücks betrifft, hat er Einwände: Wie viel Text tut so einem Stück gut, diskutiert das Duo dann. Das lockert auf, hat aber Hintersinn: Weil populistische Politik eine Art Performancekunst mit ernsteren Folgen ist, wie Limonov sagt, sind Darstellungsfragen essenziell. Ein spannender, kluger Theaterabend. (wurm, 16.5.2018)