Sex sells, diese Binsenweisheit hat sich auch auf dem Parkett des internationalen Kunstmarkts vielfach bewahrheitet. Zuletzt in der Nacht auf Dienstag, als bei Sotheby's in New York Amedeo Modiglianis "Nu couché (sur le côté gauche)" für 157,15 Millionen Dollar (inklusive Aufgeld) den Besitzer wechselte. Im Ranking der 15 höchsten je erteilten Auktionszuschläge hält dieses Bild nun Platz vier.

Bild nicht mehr verfügbar.

Knapp 27 Millionen Dollar hatte der irische Rennstallbesitzer und Milliardär John Magnier für das Bild 2003 bei Christie's bezahlt. Nach einem Gastspiel bei der jüngsten Modigliani-Retrospektive (Tate Modern, London) ließ er "Nu couché" jetzt bei Sotheby's versteigern.
Foto: AP

Dem Vernehmen nach soll das Gemälde aus dem Jahr 1917, das jüngst als Werbeträger der Modigliani-Retrospektive in der Tate Modern in London (bis April 2018) fungierte, in den asiatischen Raum abwandern. Dorthin verkaufen sich erotische Motive traditionell besonders gut.

Zumal wenn sie von Modigliani stammen: 2015 hatte sich das Long Museum in Shanghai bei Christie's für ein gleichartiges Motiv ("Nu couché", 1917) gegen zahlreiche Bieter erst bei 170,4 Millionen Dollar durchgesetzt. Bis heute der höchste je für ein Werk des Künstlers bei einer Auktion erzielte Preis. Eine Investition, die sich für das vom chinesischen Milliardär Liu Yiqian und seiner Ehefrau Wang Wei gegründete Privatmuseum angesichts steigender Besucherzahlen längst gelohnt haben wird.

Skandal bei Erstpräsentation

Sex sells, diese Maxime ist auch eng mit der Entstehungsgeschichte der ab 1916 und vor allem 1917 im Atelier des italienischen Beaus entstandenen 35 Aktdarstellungen verknüpft. Den Auftrag dazu hatte er von Leopold Zborowski erhalten, einem seit 1910 in Paris angesiedelten Kunsthändler, der ihm dafür ein Tagesgehalt von 15 Franc bezahlte. Seine Modelle entlohnte Modigliani indes mit fünf Franc je Sitzung.

Foto: Sotheby's

Schon bei ihrer ersten öffentlichen Präsentation im Dezember 1917 sorgen erste Werke der Serie für Furore. Konkret für eine Menschenansammlung vor den Schaufenstern der Galerie, die einen Polizeieinsatz zur Folge hatte. Der diensthabende Kommandant war entrüstet, vor allem aufgrund der seiner Meinung nach teils von Weitem erkennbaren Schambehaarung der ordinären Darstellungen. Er attestierte einen Angriff auf die öffentliche Moral und forderte die sofortige Abhängung, andernfalls würde er sämtliche Werke beschlagnahmen.

112 Millionen Gewinn für den Verkäufer

Die Kunstkritik wertete Modiglianis Schöpfungen gänzlich anders. In der Kunstgeschichte avancierten seine Akte zum Inbegriff der modernen Nackedei, die später in zahlreichen renommierten Museen eine würdige Heimat fanden. Allein sechs von ihnen in US-amerikanischen Museen, darunter drei in New York (Solomon R. Guggenheim Museum, The Metropolitan Museum of Art, The Museum of Modern Art).

Bei dem aktuell versteigerten handelt es sich um das größte Format aus der Serie. Aus der Sicht der Auktionsbranche eine Ikone, für die Sotheby's dem Verkäufer eine Garantie unabhängig vom Verlauf der Versteigerung zusicherte. Beim bisherigen Besitzer handelt es sich um den irischen Rennstallbesitzer und Milliardär John Magnier. Er hatte das Gemälde 2003 bei Christie's für "nur" 26,88 Millionen Dollar ersteigert und darf sich nun eines satten Gewinns in der Höhe von etwa 112 Millionen Dollar erfreuen.

Dank einem Bieter, der sich gegenüber Sotheby's im Vorfeld der Auktion zu einem Nettogebot (exklusive Aufgeld) von 139 Millionen Dollar verpflichtete. Bei konkurrierendem Kaufinteresse und einem höheren Zuschlag wäre der nunmehrige Eigentümer vom Auktionshaus mit einer Gebühr abgegolten worden. Damit war der Verkauf des 157-Millionen-Modiglianis hinter den Kulissen längst in trockenen Tüchern und die Versteigerung in der Nacht auf Dienstag nur noch der finale Akt einer werbewirksamen öffentlichen Inszenierung. (Olga Kronsteiner, 15.5.2018)