Fast normales Leben in Jerusalems Altstadt, orthodoxe Juden und Palästinenser Seite an Seite.

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Der Vater kam nicht, also griff Präsidententochter Ivanka Trump zum Mikro.

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In manchen Kreisen in den USA herrscht Freude über die Botschaftsverlegung.

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Noch bevor er das Abschlussgebet gesprochen hatte, um der neu eröffneten amerikanischen Botschaft in Jerusalem seinen und Gottes Segen zu spenden, sprach John C. Hagee schon einmal Donald J. Trump seine Verehrung aus. "An Ihren Namen wird man sich noch in tausend Jahren erinnern", schmeichelte der Pfarrer in einem Interview mit dem rechtspopulistischen Nachrichtenportal "Breitbart News" dem Staatschef der USA. "Sie haben die politische Unsterblichkeit erreicht, denn Sie hatten die Courage, das zu tun, was sich andere Präsidenten nicht getraut haben." Dieser Mut unter Feuer, er werde Trump in die Geschichtsbücher eingehen lassen.

Hagee ist Prediger einer protestantischen Megakirche, der Cornerstone Church im texanischen San Antonio. Als Gründer der Organisation Vereinigte Christen für Israel mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern ist er in der Entscheidungsfindung der aktuellen US-Regierung ein nicht zu unterschätzender Faktor. Er rührte schon die Trommel für den Botschaftsumzug von Tel Aviv nach Jerusalem, als noch kaum jemand außer Donald Trump selbst damit rechnete, dass der New Yorker Bauunternehmer eines Tages ins Weiße Haus einziehen könnte. Auch um sich Hagees Rückendeckung zu sichern, versprach Trump ihm dann später im Wahlkampf, Jerusalem noch vor einer Friedensregelung als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Überhaupt fuhr er damit ein wichtiges Manöver, um evangelikale Christen für sich einzunehmen.

Hitler als Erfüllungshelfer

Die hatten den in dritter Ehe verheirateten Immobilienunternehmer aus New York mit seinen derben Sprüchen und seinem Hang zu Affären zunächst skeptisch beäugt, sich dann aber mit großer Mehrheit hinter ihn gestellt. Rund 80 Prozent der weißen evangelikalen Wähler entschieden sich im November 2016 für den republikanischen Kandidaten, der nun mit dem Botschaftsumzug ein Versprechen einlöst, das auf ihrer Agenda weit oben rangiert. Die Evangelikalen, kann man sagen, sind die treibende Kraft der provokanten Symbolpolitik. Amerikanische Juden dagegen, das ergab eine Umfrage, waren vor wenigen Monaten mit 68-Prozent-Mehrheit dagegen, die diplomatische Vertretung des Staates Israel schon jetzt nach Jerusalem zu verlegen.

Nur hat Hagee, ein Fernsehprediger mit angenehmer Baritonstimme, dessen Einfluss weit über San Antonio hinausreicht, Bibelzitate über das Gelobte Land derart bizarr interpretiert, dass sie Stürme der Entrüstung auslösten. Ende der Neunziger verstieg er sich zu der Behauptung, Gott habe den Holocaust geschehen lassen, "weil Gott sagte, es ist meine höchste Priorität für das jüdische Volk, dass es heimkehrt in das Land Israel". Hitler, so Hagee, habe die Juden in göttlichem Auftrag nach Palästina vertrieben.

Islam "aus Schlund der Hölle"

Ähnlich grotesk sieht es Robert Jeffress, ein Baptistenpfarrer aus Dallas, der ebenfalls beim Auftakt der Botschaftszeremonie dabei war. So wie er die Bibel auslegt, wird die Apokalypse eingeläutet, wenn alle Juden nach Israel zurückkehren. Sobald dann der Messias auf Erden erscheine, werde der christliche Glaube triumphieren, und wer ihn nicht annehme, möge im ewigen Fegefeuer verbrennen. Sowohl der Islam als auch das Mormonentum, predigte Jeffress vor Jahren, seien Irrlehren "aus dem Schlund der Hölle". Auch als Jude könne man nicht "gerettet" werden, sofern man sich nicht bekehren lasse.

Als sich der Republikaner Mitt Romney, ein Geschäftsmann mormonischen Glaubens, um die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei bewarb, war es der Pastor aus Dallas, der ihn zum Paria stempelte. Wer Romney den Zuschlag gebe, verleihe einer Sekte Glaubwürdigkeit, warnte Jeffress. Ihn als Geistlichen interessiere weniger die Finanz- oder die Einwanderungspolitik eines Bewerbers, was mehr zähle, seien dessen religiöse Meriten.

Romney, der im November eine Senatswahl im Mormonenstaat Utah gewinnen will, hat sich nun seinerseits mit scharfer Kritik aus dem Fenster gelehnt – mit Kritik an dem Pfarrer, aber auch an dem Präsidenten, der es zuließ, Fanatiker bei der Feier in Jerusalem auftreten zu lassen. Einen Eiferer wie Jeffress, twitterte er, hätte man auf keinen Fall das Gebet sprechen lassen dürfen, das eine Botschaft eröffne. Darauf Jeffress: "Es ist traurig, dass Mitt ausgerechnet an so einem historischen Tag austeilen muss." (Frank Herrmann aus Washington, 15.5.2018)