Genf – Wissenschafter der Universität Genf und der Genfer Universitätskliniken (HUG) haben einen DNA-bindenden Faktor entdeckt, der bei der Entstehung von Multipler Sklerose eine entscheidende Rolle spielen dürfte. Dieser setzt nämlich die Verteidigungsmechanismen des Gehirns gegen autoimmune Reaktionen außer Kraft, wie ein Team um Doron Merkler am Department für Pathologie und Immunologie berichtet.

Der genaue Entstehungsmechanismus von Multipler Sklerose (MS) ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Bekannt ist allerdings, dass sowohl genetische Risiken als auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen dürften. Die Genfer Forschungsgruppe hat sich genauer mit der Bedeutung von Infektionen befasst und die Immunreaktionen auf verschiedene Erreger untersucht.

Infektion mit Viren und Bakterien

Merkler und seine Kollegen hofften, damit ein Element zu identifizieren, das die Entwicklung der Multiplen Sklerose im Falle einer Infektion beeinflusst. So injizierten die Wissenschafter gesunden Mäusen entweder einen viralen oder einen bakteriellen Erreger und konnten jeweils identische Reaktionen des Immunsystems in den Nagern beobachten.

Allerdings entwickelte anschließend nur die Maus, die mit dem viralen Erreger infiziert worden war, eine entzündliche Gehirnerkrankung ähnlich der MS. Also nahmen die Forscher die Genexpressionen der Immunzellen unter die Lupe. So kamen sie auf TOX, einen DNA-bindenden Faktor, der nur in Immunzellen exprimiert war, welche das Virus aktiviert hatte. Es zeigte sich, dass die Entzündung die Expression von TOX in den Immunzellen beeinflusst. Damit könnte der Faktor beim Entstehen der Multiplen Sklerose eine Rolle spielen.

Irreversible Gehirnschäden

Um diesen Zusammenhang zu testen, unterbanden die Forscher die Wirkung von TOX auf die Immunzellen in gesunden Mäusen. Und obwohl die Tiere dem viralen Erreger ausgesetzt waren, entwickelten sie die Krankheit nicht. Die Forscher untersuchten auch, auf welche Weise TOX die Entstehung der MS fördern könnte. Es zeigte sich, dass der Bindungsfaktor die Kontrollmechanismen des Gehirns gegen autoimmune Reaktionen außer Kraft setzt. Diese Reaktionen können im Gehirn irreversible Schäden anrichten, was wiederum zum Ausbruch der Krankheit beitragen könnte.

Ihre Resultate, die im Fachjournal "Immunity" erschienen, sollen dazu beitragen, die Entstehung der Multiplen Sklerose besser zu verstehen. Allerdings ist es laut den Forschern noch ein weiter Weg, diese Zusammenhänge auch beim Menschen zu erhärten. (APA, red, 16.5.2018)