Wien – Mit einer Protestaktion am frühen Morgen wollten Aktivisten von Greenpeace den Regierungsbeschluss zu Ceta doch noch blockieren. Einige Umweltschützer stellten sich aneinandergekettet vor den Haupteingang des Bundeskanzleramts, um zu verhindern, dass die türkis-blauen Minister grünes Licht für den Freihandelsvertrag geben können.

Die Lösung der Blockade erfolgte in typisch österreichischer Manier: Die Polizisten beobachteten die Greenpeace-Aktivisten aus der Distanz, die Regierungsvertreter benutzten einfach den Hintereingang.

Im Bundeskanzleramt ging dann alles ganz schnell. Bereits nach wenigen Minuten war der Ministerrat zu Ende. Die Regierung ersucht den Nationalrat um Ratifizierung des Ceta-Abkommens. Große Teile des Vertrags gelten ja bereits seit dem Herbst 2017 provisorisch, und mit dem Beschluss des Nationalrats, der folgen wird, wird Ceta zur Gänze in Kraft treten können – auch die umstrittenen Bestimmungen zu den Investitionsschiedsgerichten.

Greenpeace-Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt.
Foto: Fischer

Die FPÖ-Politiker argumentieren ihre Ja zu Ceta auf unterschiedliche Art und Weise. Vizekanzler Heinz-Christian Strache etwa sagte knapp vor dem Ministerrat zum STANDARD, dass Ceta eine Koalitionsbedingung der ÖVP gewesen sei, man also keine andere Wahl habe. "Sonst hätte Rot-Schwarz weitergemacht und Ceta beschlossen".

Anders argumentierte FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek. Ceta seien die Giftzähne gezogen worden, darum könne die FPÖ zustimmen. "Welche Giftzähne?", wollte DER STANDARD von Kunasek wissen. Kunaseks Antwort: "Nächste Frage."

Vertrag schon lange fixiert

Tatsächlich hat sich an Ceta lange nichts mehr geändert – auf jeden Fall nichts mehr, seitdem die FPÖ mit einem klaren Nein zu Ceta in den Wahlkampf 2017 gegangen ist.

Das Abkommen wurde im Oktober 2016 von Vertretern der EU-Kommission und dem kanadische Premier Justin Trudeau unterzeichnet, seitdem ist der Vertragstext fixiert. Vor Kunasek hatte FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz im Ö1-"Morgenjournal" mit "gezogenen Giftzähnen" argumentiert, aber auch nicht präzisiert, was er meine.

Auf Nachfrage sprach Rosenkranz davon, dass Belgien beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) beantragt habe, zu prüfen, ob Ceta mit dem EU-Recht kompatibel sei. Aber erstens stehe da eine Entscheidung noch aus und zweitens bedeute ja dieser Antrag allein keineswegs, dass sich bei Ceta etwas geändert habe.

Hofer: Van der Bellen hat gewonnen

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer argumentierte wieder anders: Er räumte ein, dass er als Präsidentschaftskandidat gegen Ceta gewesen sei. Er erklärte seine Haltungsänderung damit, dass Alexander Van der Bellen die Wahl gewonnen habe, der für das Handelsabkommen sei.

Die Kundgebung am Balhausplatz, an der auch Attac und Gewerkschaften teilnahmen.
Foto: Fischer

Zufrieden zeigten sich die ÖVP-Minister mit der Ceta-Entscheidung. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck zitierte den ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern mit dessen Worten von 2016: "Ceta ist das beste Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat". Sie schließe sich "vollinhaltlich an", so Schramböck. Ceta biete der österreichischen Wirtschaft neue Chancen.

Österreich eines der ersten Länder

Österreich gehört zu den ersten der 28 EU-Mitgliedsländer, die Ceta ratifizieren werden. Bisher haben laut Informationen des Europäischen Parlaments nur Dänemark, Malta, Spanien, Kroatien, Tschechien und Portugal den Ratifizierungsprozess abgeschlossen oder so gut wie abgeschlossen. Auch Kanada hat Ceta bereits ratifiziert.

Das Abkommen selbst stellt einen umfassenden Vertrag zur Erleichterung des Handels zwischen EU und Kanada dar. Die meisten bestehenden, zumeist aber niedrigen, Zölle zwischen der EU und Kanada werden abgeschafft.

Das Abkommen legt fest, dass kanadische Dienstleister freien Zugang zum EU-Markt bekommen müssen – umgekehrt gilt das auch für Unternehmen aus der EU, wobei öffentliche Dienstleistungen (Abwasser, Wasser, Schulen) ausgenommen sind. Europäische Firmen bekommen zudem Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in Kanada. Darüber hinaus vereinbarten Kanada und die EU ein System der Investitionsgerichtsbarkeit. (András Szigetvari, 16.5.2018)