Roger Waters in der Stadthalle.

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Wien – Pink Floyd ist ein Monster. Die britische Prog-Rock-Band, die ungefähr so alt ist wie die 68er-Bewegung, aber ohne Musik, war nach Meisterleistungen wie Piper at the Gates of Dawn oder Meddle ungefähr ein paar Jahre gut. Sie regierte mit ihrem pathetischen Drogen- und Weltraumblues die Welt.

Sie machten Soundtracks im Zeichen der Entfremdung, der Magenübersäuerung und überhaupt eines grundsätzlichen Gefühls der allgemeinen Übersättigung mit Schleckerbussi-Gitarrensoli, die antiseptische Erotik im Midtempo-Bereich verströmen. Dazu kommen lebensmüde Texte. Nach gefühlten 58 Jahren in den US-Verkaufscharts mit den Alben Dark Side of the Moon oder Wish You Were Here gelten Pink Floyd noch immer als heißer Scheiß im Segment der musikalischen Sinnsuche.

Wer Pink Floyd nicht kennt: Das ist auch der Soundtrack für die Verdauungsphase nach einem schweren Essen mit rotem Fleisch und Buttersauce. Best-Agers lieben das wegen des "deep thinking" und so.

Bloß nicht daheim sitzen

Roger Waters ist heute und eigentlich eh immer schon der Kopf von Pink Floyd. Oder sagen wir es so, er ist der Aufsichtsratsvorsitzende einer heute noch immer umgehenden Band namens "Pink Floyd". Zweck der Übung: Bloß nicht daheim bei der Alten sitzen!

Pink Floyd kann man wegen erdschwerer Kitschhadern wie Wish You Were Here mit einem Alter 50 plus mögen. Man muss es aber nicht tun. Leider hat Roger Waters seit vier Jahrzehnten noch immer nicht gemerkt, dass es seine Band außerhalb von Gerichtssälen, in denen um Tantiemen oder so einen Scheiß gestritten wird, lange nicht mehr gibt. Abgesehen von seinem während der letzten Jahre entwickelten Hobby, den Nahostkonflikt rein aus Sicht der Hamas zu kommentieren und anderen Musikern Reisen nach Israel verbieten zu wollen (die dummen Streiche der Reichen!), ist es um Roger Waters still geworden.

Übliches Multimediaspektakel

In der Wiener Stadthalle wurde diese Stille mit einem Kessel Buntes aus dem Werkkatalog Pink Floyds zwei Stunden lang auf der Bühne umgesetzt. Zwei Handvoll Studiomusiker waren zu sehen. Dazu flimmerte und kartätschte auf der Leinwand das übliche Multimediaspektakel inklusive des berühmten fliegenden Pink-Floyd-Schweins in hundertfacher Luftballongröße über den Köpfen des Publikums. Es sollte für 90 Euro Eintritt vortäuschen, dass man etwas geboten bekommt.

Heute aufgrund ihrer damals zart untertriebenen Angst vor Big Brother läppisch wirkende Songs wie Welcome to the Machine oder Another Brick in the Wall (mit Wiener Kinderchor, Kinderchöre sind verboten!!!) wurden plakativ neben an ein zeitgenössisches Bekenntnismusical gemahnende neue Solosongs wie The Last Refugee gestellt. Wir sahen eine ergreifende Video-Choreo einer Frau aus dem arabischen Raum, die in einer idyllischen Notunterkunft tanzt. Wow! So gut schlecht ist es uns ewig nicht mehr gegangen. Wir haben sehr viel nachgedacht. (Christian Schachinger, 17.5.2018)