Hennetmair an Bernhards Tür.

Foto: Sepp Dreissinger

Ohlsdorf – "Ein Nichtschriftsteller schreibt eines der besten Bücher der Saison", wunderte sich die Zeit im November 2000, als Karl Ignaz Hennetmairs Buch Ein Jahr mit Thomas Bernhard. Das versiegelte Tagebuch (Residenz) wie ein Meteor auf dem Buchmarkt und – nicht zur Freude aller – in die verschworene Gemeinde der Bernhard-Kenner einschlug. Niemand, so die Zeit, könne sich fürderhin zu Thomas Bernhard äußern, der dieses 600 Seiten starke Buch nicht gelesen habe.

Hennetmair, ein wortmächtiger Außenseiter und Immobilienmakler, hatte Bernhard 1965 den legendären Vierkanthof bei Ohlsdorf sowie später noch zwei weitere Liegenschaften verkauft und war lange Zeit nicht nur Nachbar, sondern auch Vertrauter, Sekretär und seelischer Blitzableiter des Dichters. Sein intimes, umstrittenes Tagebuch über den bekannten Nachbarn, der kein Genie der Nähe war, brachte Hennetmair unter anderem einen Auftritt in der Show von Harald Schmidt ein – der einen "Kaufbefehl" für das Buch ausgab.

Obwohl in der Folge noch weitere Bücher mit und über Hennetmair erschienen, wurde es ruhig um den 1920 in Linz geborenen ehemaligen Handelsreisenden und Ferkelgroßhändler, der weiter seine Bernhard-Sammlung (70 Bene-Ordner) pflegte. Karl Ignaz Hennetmair verstarb, wie DER STANDARD erfuhr, am 2. Mai. Er wurde 98 Jahre alt. (steg, 17.5.2018)