"Wann weiß man, dass sich das Warten nicht mehr lohnt?", überlegte Anna Mitgutsch vor drei Jahrzehnten in einem fiktiven Brief an die Lyrikerin Sylvia Plath, die 1963 im Alter von 31 Jahren in den Freitod gegangen war.

"Was ist die Wirklichkeit neben der Kunst?", fragte Mitgutsch, die sich damals gerade mit ihrem Roman Die Züchtigung in die deutschsprachige Literaturgeschichte eingeschrieben hatte, weiter. Antwort: "Rohmaterial, Anstoß, Boden, von dem sie abhebt, Szenerie, wahrgenommen mit überreizten Sinnen, die sich zu befreien suchen von ihrer Schwerkraft."

Der Versuch des Abhebens und Fliegens mithilfe von Lektüren und Literatur, zumal selbstverfasster, das Aufbegehren und der Ausbruch aus Einengung und traumatisierender Erinnerung ist Anna Mitgutschs Werk von Anfang an eingeschrieben. Auch ihrem neuesten Roman Die Annäherung, aus dem die 69-jährige österreichische Autorin am Freitag um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses bei der Eröffnung der Literaturtage Steyr liest.

Anschließend findet im neuen Museum der Arbeitswelt eine Slamshow (u. a. mit Markus Köhle) statt, bevor am Samstag, um nur drei Namen zu nennen, Robert Prosser, Anna Weidenholzer und Bora Cosic lesen. Der Veranstaltungsbogen des Festivals schließt sich musikalisch, und zwar mit einer Sonntagsmatinée Ernst 'Moldens im Museum der Arbeitswelt.

Es ist das zweite Mal, dass die von der Übersetzerin und Kolik-Mitherausgeberin Karin Fleischanderl organisierten Steyrer Literaturtage an verschiedenen, über die Stadt verteilten Orten stattfinden. Das dreitägige Festival versteht sich als Ort der Begegnung und des vielfältigen Austauschs – nicht nur über Literatur. Nicht nur für Steyr. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. (steg, 17.5.2018)